Ein schlimmeres Geschenk kann es nicht geben: Bei ihrer Geburtstagsfeier wird eine Frau von über zehn Freunden und Freundinnen im Stich gelassen.
Ein Tiktoker erzählt die Story von der geghosteten Frau. - Tiktok / @funwithjan

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Frau wird an ihrem Geburtstag von mehreren Freunden im Stich gelassen.
  • Für viele ist es einfacher zu ghosten, als sich einer Auseinandersetzung zu stellen.
  • Der technologische Fortschritt beeinflusst auch unsere Beziehungen.
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«Wäre für dich die Freundschaft vorbei?», fragt TikTok-User «@funwithjan». Grund dafür ist die Geschichte einer Freundin, die von ihren Freunden im Stich gelassen wird.

Zu ihrem 30. Geburtstag lädt die Freundin des TikTokers rund 25 Menschen ein – bereits Monate im Voraus. Das hat seinen Grund: Allen Gästen, die zusagen, sagt sie, dass ein Catering eingeplant ist, weswegen die Einladung auch verbindlich ist.

Doch am Geburtstag dann die böse Überraschung: Bei der Ankunft des TikTok-Users sind gerade einmal neun Personen – Geburtstagskind inklusive – auf dem Fest. Trotz mehr Zusagen.

Der TikToker schlägt seiner Freundin vor, die anderen Gäste zu fragen, wo sie bleiben. Genervt erzählt er in einem Video, was dann passierte: Einige entschuldigen sich auf Anfrage kurzfristig. Doch viele ignorieren die Nachricht einfach.

Die harte Wahrheit: Über zehn ihrer vermeintlichen Freunde haben die Frau an ihrem Geburtstag geghostet.

Der TikToker nervt sich: «Ich guck' in die Küche, und sehe überall Platten mit warmen und kalten Sachen, Getränke. Das hat sie bestimmt mehrere Hundert Euro gekostet.»

Ghosten statt sprechen?

Wie kann es sein, dass Menschen ein so respektloses Verhalten rechtfertigen? Laut Sozialpsychologin Alessia Telari gibt es verschiedene Gründe dafür.

Zum einen kann es sein, dass eine Gruppe jemanden ignoriert, damit sie ihr Verhalten verändert. Zum Beispiel, wenn es eine negative Erfahrung mit der Person gab. Oder die Gruppe hat das Gefühl, die Person bremse sie aus.

Die Zielperson sollte mit dem Ausschluss selber merken, dass sie die Gruppe stört. Um wieder aufgenommen zu werden, müsse sie ihr Verhalten anpassen.

Hast du schon mal eine Einladung ignoriert?

Aber: «Generell ist es einfacher und bequemer zu verschwinden, statt jemandem explizit abzusagen», sagt Alessia Telari. Bei einer direkten Absage müsste man mit den Gefühlen der anderen Person umgehen – etwa Trauer oder Wut.

Psychologe Dr. Bruno Sternath sieht bei diesem Ghosting-Fall eine sogenannte «Kognitive Dissonanz». Gemeint sind unangenehme Gefühle, die entstehen, wenn jemand unvereinbare Wünsche hat. Zum Beispiel das schlechte Gewissen, weil man das Geburtstagskind im Stich gelassen hat, weil man kurzfristig etwas anderes vorhatte.

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Dr. Bruno Sternath ist Psychologe und sieht verschiedene Hintergründe zum Ghosting. - Bruno Sternath

Er verbindet das Thema Ghosting mit Achtsamkeit. Die eigenen Bedürfnisse haben Vorrang, die Gefühle und Bedürfnisse der anderen werden ausser Acht gelassen. «Möglicherweise wertschätzen andere Menschen zu wenig, mit wie viel Aufwand eine Einladung verbunden ist», erklärt er. Daher können diese Menschen die Verletzung des Gegenübers nicht vorhersehen oder nachvollziehen.

Technik spielt wichtige Rolle

Sowohl Bruno Sternath als auch Alessia Telari sehen die technologische Entwicklung als wichtigen Faktor beim Ghosting. «Eine Nachricht oder einen Anruf auf einem Smartphone zu ignorieren, fühlt sich einfacher an und scheint weniger folgenreich», sagt Telari.

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Eine Frau wurde an ihrem 30. Geburtstag von gleich 10 Freunden geghostet.
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Ihrer verbindlichen Einladung mit Catering sind weniger als die Hälfte der Gäste nachgekommen.
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Laut Psychologe Dr. Bruno Sternath erkennen viele nicht, mit wie viel Aufwand eine Einladung verbunden ist.

Menschen seien heutzutage mit einer «virtuellen Barriere» ausgestattet. Dadurch können sie sich von unangenehmen sozialen Interaktionen schützen. «In ihrem schnelllebigen Alltag können Einzelne beschliessen, diese technologischen Möglichkeiten auf Kosten ihrer sozialen Beziehungen zu nutzen.»

Bruno Sternath sieht eine mögliche Überflutung von attraktiven Angeboten auf sozialen Medien: «So werden verbindliche Zusagen häufig schwieriger, da mit der definitiven Entscheidung etwas verpasst werden könnte.»

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