Dorfleben: Lebt es sich in der Stadt oder auf dem Land gesünder?
Auf den ersten Blick scheint das Landleben inmitten der Natur nachhaltiger: Doch bei genauerem Hinsehen offenbaren sich auch Nachteile im Dorfleben.
Das Wichtigste in Kürze
- Studien belegen, dass das moderne Stadtleben krank macht.
- Die Stadt punktet vor allem mit breitem Angebot an Dienstleistungen und Unterhaltung.
Eins vorweg: Die Frage, ob Stadt- oder Dorfleben gesünder ist, lässt sich nicht einfach so pauschal beantworten. Vieles hängt von den eigenen Vorlieben ab. Der extrovertierte Mensch, der ständig Impulse von aussen braucht, ist im Trubel der Grossstadt zweifellos besser aufgehoben.
Introvertierte Personen werden eher glücklich auf langen Spaziergängen in der Natur, Dorfleben oder bei der stillen Beschäftigung im eigenen Garten.
Studien belegen: Die Stadt macht krank
Eine Studie der deutschen Universität Heidelberg-Mannheim (D) belegte aber 2015, dass das moderne Stadtleben dem Menschen nicht viel Gutes tut. So treten Depressionen und Angststörungen in der Stadt um 40 Prozent häufiger auf als auf dem Land. Schizophrene Psychosen sogar um 130 Prozent (Frauen) beziehungsweise 190 Prozent (Männer).
Zu den Gründen gehören Lärm und Hektik sowie das Zusammenleben auf engerem Raum. Fehlt dem Menschen ein Rückzugsort, an dem er sich für sich selbst entspannen kann, führt dies zu Stress. Gleiches gilt für einen Mangel an öffentlichem Raum, in dem Menschen zusammenkommen können. Dazu zählen Parks, gemütliche Plätze oder kulturelle Einrichtungen – fehlen diese, schlägt dies Stadtbewohnern auf die Psyche.
Gesundes Stadtleben ist eine Geldfrage
Der Berliner Psychiater Mazda Adil hat dazu ein ganzes Buch verfasst: «Stress and the City: Warum uns Städte krank machen». Er spricht zunächst von Urban Advantage: «Städte sind gut für uns», so Adil im Gespräch mit dem SRF. Und fügt hinzu: «Stadtbewohner profitieren von einer besseren Gesundheitsversorgung und leichterem Zugang zu Bildung und kultureller Vielfalt.»
Nun kommt jedoch das offensichtliche Aber: Die Teilhabe kostet Geld. Vor allem sozial und finanziell schlechter gestellte Menschen leiden in der Grossstadt häufig unter Isolation und Einsamkeit. Geselliges Beisammensein mit anderen in Bars und Restaurants oder Konzert- und Theaterbesuche sind für sie nicht möglich. Diese Einsamkeit führt dann häufig in die Depression.
Dorfleben führt zu mehr Gemeinschaft
In den Dörfern ist die gesellschaftliche Teilhabe günstiger für jeden, der sich einbringen will. Dorfvereine und Ehrenämter, wie die freiwillige Feuerwehr, sind weit verbreitet. Dazu kommt viel häufiger der Plausch am Gartenzaun oder die zufällige Begegnung auf der Strasse. Was einige als beengend und kontrollierend empfinden, ist für andere eine Wohltat.
Dazu kommen andere gesundheitliche Vorteile im Dorfleben: Zahlreiche Studien belegen, dass dem Menschen der Aufenthalt in der Natur guttut. Wer Wald und Flur vor der Haustür hat, der tut sich natürlich leichter mit Spaziergängen im Grünen.
Kinder können sich im Dorf besser entfalten und die frische, weniger von Schadstoff belastete Luft geniessen. So lässt sich letztendlich keine Pauschalaussage treffen. Der eine blüht erst im Grünen auf, der andere würde ohne die kulturelle Vielfalt der Stadt eingehen.