Ein Berner ist frühmorgens im Tram Richtung Bümpliz unterwegs. Plötzlich kommt ein Mann auf ihn zu und droht, ihn umzubringen – ohne Grund.
Tram
Kurz vor 6 Uhr morgens auf seinem Weg zur Arbeit wird ein Berner im Tram bedroht. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein wohl Betrunkener hat einem Mann in einem Berner Tram gedroht.
  • Und das, obwohl er nur kurz zu ihm rübergeschaut hat.
  • Passiert ist der Vorfall im Westen der Stadt, der zuletzt für Negativ-Schlagzeilen sorgte.
Ad

Gottfried Jäger* (59) setzt sich wie jeden Tag ins rote Tram Richtung Bümpliz in Bern. Mit dabei hat er einen Arbeitskollegen, die beiden unterhalten sich. Es ist kurz vor 6 Uhr morgens, ausser ihnen ist fast niemand im Tram.

Aus dem Augenwinkel fällt dem Berner Familienvater ein circa 1,65 Meter grosser Mann mit Bart auf, der nervös herumwuselt. Jäger schaut kurz zu ihm rüber, denkt sich aber nichts dabei und spricht weiter mit seinem Kollegen.

«Als das Tram kurz vor der Haltestelle zu bremsen begann, stand der Typ auf und eilte auf mich zu. Er lief praktisch durch das halbe Tram, nur um an mir vorbeizukommen», sagt er gegenüber Nau.ch.

«Das nächste Mal bringe ich dich um!»

Das Tram hält. Der vermutlich Betrunkene, ein Bier noch in der Hand, schaut den Berner verächtlich an und droht ihm leise: «Das nächste Mal bringe ich dich um!»

Jäger ist irritiert. «Bist du jetzt fertig mit der Durchsage?», fragt er.

Darauf reagiert der Bartträger nicht und springt aus dem Wagen. «Ich habe keine Ahnung, warum der Typ mich bedroht hat. Ich habe kaum eine halbe Sekunde in seine Richtung geschaut. Das war die einzige Interaktion, die wir hatten», erzählt der Berner.

Europaplatz
Ein Berner wurde frühmorgens im Tram bedroht. Der Vorfall ist zwischen Europaplatz und Bümpliz passiert – also im Westen Berns.
Tram
Der Berner fühlt sich seither nicht mehr sicher im ÖV, wie er sagt.
Tram
Tatsächlich hat die Anzahl der Straftaten in der Stadt Bern von 2022 auf 2023 um 28 Prozent zugenommen.

Und ärgert sich: «Unglaublich, was für Gestalten heutzutage in Bern herumlungern! Seither habe ich auf meinem Arbeitsweg ein mulmiges Gefühl.» Er fühle sich nicht mehr sicher im ÖV – und meint, das sei früher anders gewesen.

Straftaten in Bern nehmen zu

Tatsächlich ist die Kriminalität in Bern zuletzt angestiegen. Laut der neuesten kantonalen Kriminalstatistik gab es 2022 in der Bundesstadt 15'980 Straftaten. 2023 waren es 20'419, also 28 Prozent mehr. Auch schweizweit gibt es mehr Straftaten, zeigte kürzlich die neue Kriminalstatistik des Bundes.

Ob es mehr solche Droh-Zwischenfälle in Berner Trams gibt, ist laut Thomas Ernst von der Kantonspolizei Bern unklar. Solche Meldungen würden nicht separat erfasst. Rolf Meyer vom Trambetreiber Bernmobil sagt dazu: «Vorfälle unter Fahrgästen kommen regelmässig, aber nicht häufig vor.»

Das Unternehmen erhalte nur dann Kenntnis von so einem Zwischenfall, wenn er vom Busfahrer oder von der Busfahrerin gemeldet wird. «Das ist natürlich nicht immer der Fall. Wie hoch die Dunkelziffer ist, können wir nicht abschätzen.»

«Nicht auf Provokationen eingehen»

Der Vorfall ist zwischen Europaplatz und Bümpliz passiert – also im Westen Berns. Das Quartier, das zuletzt gleich mehrmals für Negativ-Schlagzeilen sorgte. Vor wenigen Wochen nahm ein achtjähriger Schüler dort nach einem Streit eine Axt mit in die Schule. Im Dezember hatten Schüler im selben Gebiet eine Lehrerin umzingelt und «Allahu akbar» gerufen.

Das sei aber kein Brennpunkt, der heraussteche: «Wir stellen diesbezüglich aktuell keine besondere Häufung in einem bestimmten Gebiet oder Quartier der Stadt Bern fest.» Die Bevölkerungsbefragung 2023 zeigte allerdings, dass sich die Leute im Stadtteil Bümpliz-Oberbottigen nachts am unsichersten fühlen.

Wurden Sie schon einmal von einer fremden Person bedroht?

Gottfried Jäger hat die Polizei nicht gerufen. Hat er richtig gehandelt – oder was sollte man tun, wenn man im ÖV ein ungutes Gefühl hat? «Grundsätzlich empfehlen wir, bedrohlich wirkenden Personen aus dem Weg zu gehen und nicht auf Provokationen einzugehen», sagt Ernst.

Im Zweifelsfall rät die Polizei, sie über die Notrufnummern zu verständigen.

* Name geändert, der Redaktion bekannt.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Kantonspolizei BernBernmobilBier