Jetzt nervt sich die Gen Z über die noch Jüngeren

«Ich habe keine Ahnung, was der da erzählt», sagt die 16-jährige Berner Tiktok-Nutzerin Hannah J.* zu Nau.ch. Sie hört ein virales Tiktok-Lied, gesungen von einer Kinderstimme.

Der Songtext – teilweise auf Deutsch übersetzt: «Streck deinen Gyatt für den Rizzler heraus. Du bist so skibidi. Du bist so Fanum Tax.»

Das Lied gilt als eines der ersten viralen Memes der Generation Alpha, also der zwischen 2010 und 2025 Geborenen. Und es stellt sowohl die Babyboomer als auch die Gen Z vor ein Rätsel.

Die Übersetzung des Songs: Gyatt ist eine Abkürzung für das englische «god damn» (gottverdammt). Das Wort wird als anerkennender Ausruf benutzt. Rizz ist kurz für Charisma, ein Rizzler beschreibt also jemanden mit Charme.

Skibidi stammt aus einem anderen Internet-Phänomen: Den Skibidi-Toilet-Videos. Während der Remix eines Songs des türkischen Musikers Bizer King ertönt (Die Lyrics: «Brrr Skibidi Dop Dop Dop Yes Yes») wird auf eine animierte Toilettenschüssel gezoomt. Viel Sinn dahinter gibt es nicht – die Videos haben aber Milliarden Klicks.

Nun zu Fanum Tax. «Fanum» ist ein Streamer, «Tax» heisst Steuer auf Englisch – also die Fanum-Steuer. Der Begriff ist ein Insider-Witz zwischen Fanum und seinen Streamer-Kollegen, die sich immer gegenseitig das Essen stehlen. Wird wieder etwas gestohlen, kann man die Fanum-Steuer verlangen.

Nur Bahnhof verstanden? Macht nichts – die Begriffe ergeben im Lied aneinandergehängt immer noch wenig Sinn. Das dürfte aber auch nicht die Idee dahinter sein. Vielmehr geht es darum, scherzhaft so viele Slangwörter in einen Tiktok-Sound zu bringen, wie nur möglich.

Die Generation Alpha (also die bis 13-Jährigen) unterscheidet sich aber nicht nur punkto Slang von älteren Generationen. Das behaupten zumindest viele Junge. «Ich habe das Gefühl, sie ist konservativer», sagt zum Beispiel die 16-jährige J. Das sei ihr auch in der Schule aufgefallen – «die Zwölfjährigen sind weniger offen als wir, sie sind nervig machohaft».

Sie ist nicht die Einzige, die schon jetzt angebliche Generationenunterschiede zwischen der Gen Z und der Gen Alpha ausmacht. Auf den sozialen Medien kursieren zahlreiche Videos mit Thesen über die jüngsten Jahrgänge.

Eine Beobachtung, die viele machen: Die Generation Alpha soll überraschend erwachsen für ihr Alter sein. Das sagt auch ein junger Tiktok-Nutzer, der kürzlich auf einen Zehnjährigen aufgepasst hat.

«Er sass den ganzen Abend nur auf dem Sofa und war sehr höflich», so der US-Amerikaner. Er habe ihm Videospiele und Dessert angeboten, doch der Bub lehnte ab – «was für ein Zehnjähriger will kein Dessert?» Viele Eltern stimmen zu: «Mein Achtjähriger ist ein Mini-Erwachsener», heisst es da, oder: «Sie sind alle höflich.»

Die Begründung: Einige glauben, dass ihre Eltern ihre eigenen Traumata aufgearbeitet hätten und sie deshalb nicht an die Kinder weitergeben. Deshalb sei die Gen Alpha zufriedener.

Höflich und erwachsen – genau das Gegenteil also von dem, was einige der Generation Z vorwerfen. Die sei unanständig und sei dazu auch noch faul und fordernd.

Alles nur Geschwätz, oder ist da tatsächlich etwas dran? Jugendforscherin Gabriele Rohmann ist skeptisch. Es sei ohne Studien immer schwierig, allgemeingültige Aussagen über Generationen-Eigenschaften zu machen.

Sie sagt zu Nau.ch: «Ob die Alphas nun konservativer sind, dafür gibt es meines Wissens keine repräsentativen Forschungsergebnisse.» Fakt sei aber, dass Junge immer mehr von den sozialen Medien beeinflusst werden. Da tummelt sich jede Art Gedankengut – auch «gefährliche Desinformation».

Hinzu kommt, dass viele der Generation Alpha gegenüber nicht ganz unvoreingenommen sein dürften. «Grundsätzlich ärgern sich ältere Jugendliche oft über jüngere und finden diese weniger cool als sich selbst. Zu kindlich, zu naiv, zu nervig.»

*Name geändert