Männer zum Frauenstreik: Wir sind noch immer privilegiert
Der Frauenstreik macht klar, welches Geschlecht gefordert ist. Sind Männer gar nicht erwünscht? Und – wollen sie überhaupt für die Frauen streiken?
Das Wichtigste in Kürze
- Am 14. Juni ist Frauenstreik. Auch Männer wollen sich solidarisieren.
- Sie seien in der heutigen Gesellschaft noch immer privilegiert, sagt Männerberater Gosteli
- Wichtig sei aber, Männer- und Frauenprobleme nicht gegeneinander auszuspielen.
In einem Monat ist es soweit. In der Schweiz findet der zweite nationale Frauenstreik statt.
Bei diesem Namen stellt sich automatisch die Gretchenfrage. Sind Männer erwünscht?
Gehören Männer an den Frauenstreik?
Arno Kerst, Präsident der Gewerkschaft Syna, sieht in den Augen seiner Geschlechtergenossen Verunsicherung. SP-Nationalrätin Barbara Gysi findet es okay, wenn Männer sich ausnahmsweise ausgeschlossen fühlen.
FDP-Feministin Claudine Esseiva hingegen ärgert sich über den Namen des Streiks. Und was sagt die Interessensvertretung des modernen Mannes?
Solidarisieren leicht gemacht
«Wir Männer sind ja alle Brüder, Söhne, Partner, Väter und Freunde von Frauen», sagt Christoph Gosteli. Er ist Berater am Zürcher Männerbüro und Soziologe. Bei dem Streik gehe es um Ungerechtigkeiten, die ein für alle Mal ausgemerzt gehören.
«Männer sind in unserer Gesellschaft noch immer privilegiert», so Gosteli. «Darum ist es richtig, ist es ein Frauenstreik. Würden wir vom Gleichberechtigungs-Streik sprechen, würde das alles schwammiger machen.»
Frauen- und Männerprobleme nicht gegeneinander abwiegen
Es gehe an diesem Tag nicht um Männer- sondern um Frauenangelegenheiten. Was nicht heisse, dass Männer keine Ungerechtigkeit erleben.
Aber der grösste Fehler, denn man – oder frau – machen könne, sei, die jeweiligen Ungerechtigkeiten gegeneinander aufzuwiegen.
«Dass es einen Frauenstreik gibt, schliesst beispielsweise einen Gleichberechtigungstag nicht aus», sagt Gosteli. Wichtig sei, dass Männer und Frauen gemeinsam nach Lösungen suchen. «Darüber kann man nicht oft genug sprechen», sagt Gosteli.
Man(n) kann auch im Privaten viel erreichen
Ändern möchte er selber vor allem die Tatsache, dass Frauen ein höheres Risiko haben, Opfer sexueller Gewalt zu werden.
Zudem leisten sie noch immer einen viel grösseren Anteil der unbezahlten Care-Arbeit. «Daran kann man aber auch im Privaten arbeiten. In dem man darauf achtet, die Hausarbeit zum Beispiel wirklich halb-halb zu teilen.»¨
Druck unter Männern oft grösser
Zudem müssen nicht nur die Frauen alte Rollenbilder sprengen, sondern auch die Männer. «Man muss sich als Mann auch einsetzen. Zum Beispiel für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.»
Zum Beispiel Teilzeit-Pensum durchzusetzen, sei für Männer schwierig. «Das sind extreme Kämpfe, die man aushalten muss. Beim Chef und auch bei den Freunden.»
Unter Männern sei der Druck oft grösser. Wer sich um die Kinder kümmere, gelte bis heute in manchen Kreisen nicht als «richtiger Mann».
Verunsicherten Männern rät Gosteli: «Sprecht mit den Frauen. Überlegt euch gemeinsam, wie Ungleichheiten ausgemerzt werden können. Nur so ändert sich das Miteinander langfristig zum Besseren.»