Wie der Kanton Nidwalden mitteilt, stiessen Archäologen in Oberdorf beim Bau einer Fernwärmeleitung auf Brandgräber aus der Römerzeit.
Aussicht auf Oberdorf (NW).
Aussicht auf Oberdorf (NW). - Nau.ch / Stephanie van de Wiel
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Bereits 1983 waren beim Bau des Gemeindehauses in Oberdorf sieben römische Brandgräber mit Grabbeigaben aus dem ersten und zweiten Jahrhundert nach Christus zum Vorschein gekommen.

Dies bedeutete damals eine grosse Überraschung, die einige Improvisation erforderte.

Aus dem Stand heraus musste eine Rettungsgrabung organisiert werden, damit die Brandgräber geborgen werden konnten.

Archäologisches Fundortinventar erleichtert die Arbeit

Seit 2007 führt die Fachstelle für Archäologie im Staatsarchiv eine Datenbank über alle bekannten Fundstellen und archäologischen Verdachtsgebiete in Nidwalden.

Mit Hilfe der Datenbank wurden zusammen mit den Gemeinden archäologische Zonen definiert.

Heute informieren die Baubehörden die Fachstelle für Archäologie, wenn in einer dieser Zonen gebaut werden soll.

So können allfällige archäologische Massnahmen im Voraus geplant und ohne grosse Verzögerungen umgesetzt werden. So auch aktuell in Oberdorf.

Beim Bau einer Fernwärmeleitung auf römische Brandgräber gestossen

Als die Genossenkorporation Stans den Bau einer Fernwärmeleitung durch das Gebiet plante, in dem vor 40 Jahren römische Brandgräber gefunden wurden, konnte zusammen mit der Bauherrschaft eine archäologische Begleitung des Aushubs organisiert werden.

Tatsächlich kamen im Leitungsgraben mindestens vier weitere römische Brandgräber zum Vorschein.

Es handelt sich dabei um Keramikgefässe mit Leichenbrand und Grabbeigaben wie Fibeln, einem Schlüssel, einer Lanzenspitz und einer Messerklinge.

Vier Tage dauerte die archäologische Grabung, während rundherum die Bauarbeiten voranschritten.

Bedeutende Funde

Um mehr Zeit für die Fundbergung zu haben, wurden drei Urnen als Block mitsamt der umgebenden Erde geborgen.

Die Funde in Oberdorf sind bedeutend, da die römische Besiedlung der Zentralschweiz und der schweizerischen Alpen insgesamt schlecht erforscht ist.

In Nidwalden sind bisher lediglich Begräbnisplätze in Buochs und Oberdorf sowie vereinzelte Streufunde in der Stanser Ebene bekannt.

Die Siedlungsplätze sind bislang aber unbekannt. Die entdeckten Brandgräber in Oberdorf sind ein weiteres Mosaiksteinchen zur Siedlungsgeschichte des Kantons zur römischen Zeit.

Die Funde werden nun in Luzern aufgearbeitet

Während die Fachstelle für Archäologie den Bau der Fernwärmeleitung in Oberdorf weiter begleitet, werden die Funde in die Kantonsarchäologie Luzern gebracht und dort freigelegt, gereinigt, untersucht und dokumentiert.

Anschliessend gelangen sie zurück nach Nidwalden, wo sie im Staatsarchiv für die weitere Forschung aufbewahrt werden.

Denkbar ist etwa eine anthropologische Auswertung der Leichenbrände, die Aufschluss über Alter, Geschlecht und Herkunft der bestatteten Menschen geben könnte.

Nach Abschluss der Fundbearbeitung in der Kantonsarchäologie wird sich zeigen, ob sich die Funde für weitere Forschungen eignen.

Römische Besiedlung in Nidwalden

Nach der Eroberung der Alpen gehörte der schweizerische Alpenraum ab 15 vor Christus zum Römischen Reich.

Die Römer bauten die Verkehrswege aus, unterteilten das Gebiet in Verwaltungseinheiten und gründeten an strategisch günstigen Lagen Siedlungen.

Das Aufeinandertreffen von römischer und ansässiger Bevölkerung führte zu einem intensiven wirtschaftlichen und kulturellen Austausch – die «gallo-römische Gesellschaft» entstand. So auch in Nidwalden.

Die Einheimischen bestatteten ihre Toten nach römischer Art

Die Brandgräber aus Oberdorf zeigen, wie die ansässige Bevölkerung begann, die römischen Bestattungssitten nachzuahmen.

Die Verstorbenen wurden zusammen mit Grabbeigaben auf einem Scheiterhaufen verbrannt.

Nach der Kremation wurden die Überreste entweder direkt in einer Grabgrube oder in einer Urne bestattet.

Die in Nidwalden bisher bekannten römerzeitlichen Gräber in Buochs und Oberdorf zeigen einen Mix aus römischen und einheimischen Alltagsgegenständen.

Funde bisher nur in Buochs und Oberdorf

Flächendeckend war die Besiedlung Nidwaldens zu römischer Zeit nicht. Bekannt sind heute Funde aus Buochs und Oberdorf.

Es ist plausibel, dass die Menschen damals im einfach zu bewirtschaftenden Gebiet zwischen Stans und Buochs und im Schnittpunkt der Wege Buochs-Stans und Stansstad-Engelberg sowie in der Nachbarschaft zum bereits begangenen Passweg über den Brünig siedelten.

Ob das obere Engelbergertal und die Alpen bereits landwirtschaftlich genutzt wurden, ist nicht gesichert, kann aber vermutet werden.

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