Beim Berner Inselspital müssen zwei Chefs gehen. Die Politik mahnt: Sorgen haben auch andere Spitäler – Köpferollen allein reicht wohl nicht.
Inselspital
Das Inselspital steht in der Kritik, der Verwaltungsrat hat nun personelle Konsequenzen gezogen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Berner Insel-Gruppe entlässt ihre beiden obersten Chefs.
  • Aus der Politik gibt es mahnende Worte: Mit zwei Entlassungen ist es noch nicht getan.
  • Und: Nicht nur in Bern, sondern schweizweit haben Spitäler Geldsorgen.
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Ein Paukenschlag am vergangenen Donnerstag bei der Berner Insel-Gruppe, der schweizweit grössten Spitalunternehmen: Der Chef und sein Stellvertreter müssen gehen. Miese Stimmung, Mobbingkultur und Millionendefizite führten dazu, dass der Verwaltungsrat die Reissleine zog. Doch wird nun alles gut oder ist das nur der erste Domino-Stein, und andere Spitäler werden folgen?

Lage im gesamten Gesundheitswesen schwierig

«Für den Moment ist das die einzig mögliche Massnahme», sagt Mitte-Nationalrat Lorenz Hess. Aber ihm ist auch klar: Die Interims-Leitung werde genau hinschauen müssen, wer willens ist, mitzuhelfen. Oder wie Hess es ausdrückt: «Den Karren aus dem Dreck zu ziehen.»

Lorenz Hess
Mitte-Nationalrat Lorenz Hess spricht an einer Medienkonferenz (Archiv). - keystone

Denn gemobbt haben sicher nicht einzig und alleine Direktionspräsident Uwe E. Jocham und Stellvertreter Urs Mosimann. Das Geld fehlt sicher nicht nur wegen unklugen Management-Entscheiden.

Uwe E. Jocham
Der entlassene Spital-Chef der Insel-Gruppe, Uwe E. Jocham, soll eine diktatorische Führung gepflegt haben. - keystone

Deshalb betont auch FDP-Nationalrätin Bettina Balmer: «Es ist sicher nicht nur eine Frage der Köpfe. Die generelle Lage im Gesundheitswesen ist sehr schwierig und mit den Reformen geht es leider auch nur langsam vorwärts.»

Zu viele Dauer-Baustellen

Dass gerade bei Mobbingthemen die Führungsstrukturen eines Spitals eine Rolle spielten, hält Balmer zwar für möglich. Doch bei einer ganzen Reihe von Projekten im Gesundheitswesen harzt es für die FDPlerin zu sehr. Beispiel einheitliche Finanzierung durch die Krankenkassen, das sogenannte EFAS: Hat das Parlament zwar gutgeheissen, doch wurde das Referendum ergriffen.

Bettina Balmer
Bettina Balmer ist Nationalrätin (FDP/ZH) und Fachärztin für Kinderchirurgie am Universitäts-Kinderspital Zürich. - keystone

Beispiel «Digisanté»: Das Projekt zur Digitalisierung wurde vom Parlament auch angenommen, hier sind für die Umsetzung aber 10 Jahre geplant», klagt Balmer. Beim neuen ambulanten Tarif TARDOC gehe es auch zuwenig rasch vorwärts. Kurz: «Es handelt sich nicht nur um ein spezifisches Problem des Inselspitals.»

Drohen weitere Spitalschliessungen?

Zumindest bei der Insel-Gruppe soll nun Ruhe einkehren: Neue Chefs werden gesucht, nach der Schliessung der Spitäler Tiefenau und Münsingen seien keine weiteren solcher Massnahmen geplant. Doch auch weitere Spitäler schrieben rote Zahlen, mahnt Nationalrätin Balmer. Zum Beispiel das Unispital Zürich mit fast 50 Millionen Franken Verlust im 2023.

«Gerade bei den Kinderspitälern ist die Situation ebenfalls sehr angespannt», weiss Balmer, die als Oberärztin am Kispi Zürich arbeitet.

So werde es zwangsläufig Reformen in der Spitallandschaft geben, sagt Mitte-Nationalrat Lorenz Hess. «Wir haben aktuell ein schweizweites Spitalfinanzierungsproblem.»

Für Balmer stellt sich die Frage, was uns das Gesundheitswesen in der Schweiz wert sei. «Die Schere zwischen dem Machbaren und Finanzierbaren geht zunehmend auseinander», warnt sie. Für dieses Dilemma müsse nicht nur die Politik Antworten finden. «Sondern die ganze Bevölkerung.»

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