Die SVP möchte systematische Grenzkontrollen einführen, dies widerspricht jedoch dem Schengen-Abkommen. Am 25. Mai wird über die Lancierung entschieden.
Schengen Visa
Verschiedene Pässe von Staaten der Schengener Abkommen. - Keystone

Die SVP diskutiert über systematische Kontrollen an den Schweizer Grenzen. Am 25. Mai entscheiden die Delegierten in Basel über die Lancierung einer «Grenzschutzinitiative». Die Umsetzung würde im Widerspruch zum Schengen-Abkommen stehen.

Vor 15 Jahren ist die Schweiz dem Schengen-Raum operativ beigetreten. Dem Beitritt ging 2005 eine Volksabstimmung voraus, in welcher sich die schweizerische Stimmbevölkerung für eine Assoziierung an die Übereinkommen von Schengen und Dublin aussprach.

Bulgarien und Rumänien noch nicht voll integriert

Seit Bulgarien und Rumänien am 31. März 2024 dem Schengen-Raum beigetreten sind, formen 29 europäische Staaten – 25 EU-Staaten sowie Norwegen, Island, Liechtenstein und die Schweiz – den Schengen-Raum. Laut der EU-Kommission leben in diesem Raum rund 425 Millionen Menschen.

Die zwei kürzlich hinzugestossenen Staaten wurden bisher nicht vollständig integriert. Lediglich die Kontrollen an den Luft- und Seegrenzen bei einer Einreise aus einem Schengen-Staat wurden aufgehoben. An den Landgrenzen werden weiterhin Personenkontrollen durchgeführt.

Das Schengen-Übereinkommen wurde 1985 im gleichnamigen luxemburgischen Ort von Deutschland, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg unterzeichnet. Hauptanliegen von Schengen ist die Abschaffung von Kontrollen an den Binnengrenzen. Kontrolliert werden die Aussengrenzen.

Systematische Grenzkontrollen nicht Schengen-kompatibel

Das Dublin-Abkommen hingegen greift im Asylbereich. Es sieht vor, dass eine asylsuchende Person ein Asylgesuch nur in einem der Dublin-Staaten stellen kann. Die Schweiz kann also eine Person, die bereits in einem weiteren Dublin-Staat ein Gesuch einreichte, an diesen Staat zurückweisen. So soll unter anderem verhindert werden, dass zwei Staaten gleichzeitig dasselbe Gesuch prüfen.

Der den SVP-Delegierten vorgelegte Initiativtext verlangt systematische Kontrollen an der Schweizer Grenze, wie die SVP im Januar mitteilte. Weiter würde den Personen, die über einen sicheren Drittstaat einreisen, um in der Schweiz ein Asylgesuch zu stellen, keine Einreise und kein Asyl gewährt. Zudem sehe der Text ein jährliches Asylgewährungskontingent von maximal 5000 Personen vor.

Systematische Grenzkontrollen sind mit dem Schengen-Abkommen jedoch nicht zu vereinbaren. Denn das Abkommen sieht lediglich bei einer Gefährdung der inneren Sicherheit eine temporäre Einführung von Grenzkontrollen vor.

Schengener Informationssystem
Das Schengener Informationssystem ist die grösste europäische Polizeidatenbank. Diese soll weiter ausgebaut werden. (Symbolbild) - sda

Mitte Mai machten acht Staaten davon Gebrauch, wie der Webseite der EU-Kommission zu entnehmen ist. Dies meist mit der Begründung einer Terrorismusgefahr oder aufgrund des Asyldrucks. Unter anderem Deutschland führt bis voraussichtlich am 15. Juni an der Schweizer Grenze Personenkontrollen durch.

Schengen-Austritt würde BIP geringfügig senken

Der Bundesrat gab vor mehreren Jahren einen Bericht zu volkswirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen eines Wegfalls von Schengen/Dublin in Auftrag. Im März 2019 kam die Regierung zum Schluss, dass das Bruttoinlandprodukt der Schweiz bis 2030 zwischen 1,6 und 3,7 Prozent sinken würde.

Weitere Folgen wären mehr Zeit- und Kostenaufwand bei der Grenzüberschreitung sowie höhere Kosten im Asylbereich. Zudem würden die Polizeibehörden den Zugriff auf das Schengener Informationssystem verlieren, was zu einer Schwächung der Sicherheit innerhalb der Schweiz führen würde, hiess es weiter.

Masseneinwanderungsinitiative schon vor Dekade angenommen

Vor zehn Jahren nahm die Schweizer Stimmbevölkerung die Masseneinwanderungsinitiative der SVP an. Der Initiativtext stand in Konflikt mit dem freien Personenverkehr, wie die EU-Kommission damals festhielt.

Die Umsetzung der Initiative dauerte über zwei Jahre, in welchen der Bundesrat und das Parlament nach einer mit der Personenfreizügigkeit kompatiblen Lösung suchten. Das Parlament setzte am Ende die Initiative mit dem Mechanismus des Inländervorrangs um.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

MasseneinwanderungsinitiativeBundesratParlamentRegierungStaatEUSVPSchengen-Abkommen