Ameisen schnappen ultraschnell

Schnell, schneller, Schnappameise. Mit unglaublicher Geschwindigkeit lassen manche Insekten ihre Mundwerkzeuge schnippen. Forscher haben sich nun damit befasst.

Die Unterkiefer der Dracula-Ameise, Mystrium camillae, sind die am schnellsten bekannten beweglichen Tieranhänge, die bei Geschwindigkeiten von bis zu 90 Metern pro Sekunde zuklappen. - Adrian Smith/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schnappameise schnappt 90 Meter pro Sekunde.
  • Das ist die schnellste gemessene Bewegung, die je im Tierreich gemessen wurde.

5000 Mal rascher als ein Wimpernschlag und 1000 Mal rasanter als ein Fingerschnippen: Dracula-Ameisen haben den schnellsten Schnappkiefer der Welt. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forscherteam der Universität von Illinois. Die Mundwerkzeuge des Insekts schnappen mit bis zu 90 Metern pro Sekunde auf – die schnellste jemals im Tierreich gemessene Bewegung, wie die Wissenschaftler im Fachblatt «Royal Society Open Science» schreiben.

Wow, so schnell!

Bislang hielten Schnappkieferameisen (Odontomachus) und Fangschreckenkrebse (Stomatopoda) den Rekord, die ihre Gliedmassen ebenfalls explosionsartig bewegen. Tiere der Art Mystrium camillae, die zu den Dracula-Ameisen gehört, toppen diese jedoch: Die Insekten pressen ihre Mundwerkzeuge, Mandibeln genannt, gegeneinander und erzeugen eine Art Federspannung, die sie schliesslich ähnlich wie beim Fingerschnippen freisetzen, wenn eine Mandibel über die andere gleitet.

Beute ins Nest geschleppt

Dabei hilft den Ameisen die besondere Bauweise ihrer Mundwerkzeuge: «Anstatt drei verschiedene Teile für Feder, Riegel und Hebelarm zu verwenden, sind alle drei in der Mandibel zusammengefasst», erklärt Andrew Suarez, Professor für Tierbiologie und Insektenkunde an der Universität von Illinois. «Die Ameisen nutzen diese Bewegung, um andere Arthropoden zu schlagen, sie auf diese Weise vermutlich zu betäuben, sie gegen Tunnelwände zu hauen oder wegzudrücken.» Das Insekt schleppe seine Beute dann ins Nest, wo sie an Ameisenlarven verfüttert werde.

Nicht nur ihre superschnellen Schnappwerkzeuge machen Mystrium camillae zu einer Besonderheit: Die Insekten, die vor allem in den südostasiatischen Tropen und Australien gefunden werden, gehören zur Gruppe der Dracula-Ameisen. Diese haben ihren schaurigen Namen daher, dass die erwachsenen Tiere keine feste Nahrung mehr zu sich nehmen, sondern ihre eigenen Larven anbeissen und ihnen etwas Blut absaugen. Dabei nehmen die Larven keinen wirklichen Schaden. Zudem haben Mystrium-Ameisen ein komplexeres Kastensystem als andere Ameisenarten, das Wissenschaftler immer noch vor Rätsel stellt.

Zumindest bei der Erklärung der explosiven Schnappbewegung ihrer Mandibeln sind die Forscher nun ein Stück weiter: Mit Hilfe von Hochgeschwindigkeitskameras und Röntgenbildern machte Suarez gemeinsam mit Kollegen des Smithsonian National Museum of Natural History und des North Carolina Museum of Natural Sciences die Bewegung sicht- und vor allem messbar. Die Kameras nahmen dabei mit einer Frequenz von 480'000 Bildern pro Sekunde auf.