Tausende Festnahmen in Kuba - Prominente zeigen Solidarität

Nachdem der Internetzugang in Kuba blockiert wurde, kommen nun nach und nach Berichte über die Reaktion der Sicherheitskräfte auf die Proteste heraus. Ein Todesfall wurde inzwischen offiziell bestätigt.

Kubas Wirtschaft leidet stark unter dem Einbruch des Tourismus in der Pandemie. Foto: Eliana Aponte/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach seltenen Massendemonstrationen gegen die Regierung in Kuba sind nach Angaben unabhängiger Journalisten inzwischen mehr als 5000 Menschen festgenommen worden.

Darunter seien mehr als 120 Aktivisten und Journalisten, berichtete das Online-Portal 14ymedio, das Angaben aus der Bevölkerung zusammengetragen hatte. Dabei gingen die Sicherheitskräfte teils brutal vor, wie unter anderem in einem Video zu sehen ist, dessen Echtheit die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bestätigte.

Dieses zeigt, wie Sicherheitskräfte in der Stadt Cárdenas versuchen, durch den Vordereingang in eine Wohnung einzudringen, während drinnen eine Frau mit einem kleinen Kind im Arm «meine Kinder!» und «warum macht ihr das?» schreit. Dann kommt ein Beamter mit erhobener Pistole aus der anderen Richtung in die Wohnung. Ein offenbar später aufgenommener Teil des Videos zeigt eine Blutlache auf dem Boden. Das Online-Portal «CiberCuba» berichtete, der Ehemann der Frau sei vor seiner Familie angeschossen, geschlagen und mitgenommen worden.

Staatsmedien berichteten am Dienstag von einem Toten bei einer Demonstration am Montag in Havanna. Der 36-jährige Vorbestrafte habe als Teil einer «organisierten Gruppe antisozialer und krimineller Elemente» versucht, eine Polizeistation anzugreifen. Zu den Umständen seines Todes gab es keine Angaben. Die unabhängige Journalistin Yoani Sánchez sagte in ihrem Podcast Ventana 14, dass es nach Berichten aus der Bevölkerung im Rahmen der Demonstrationen viel mehr Tote gegeben haben könnte. Medien der Opposition berichteten, die Regierung zwinge junge Männer durch Erpressung dazu, Demonstranten mit Stöcken anzugreifen.

Kubas Wirtschaft leidet

Am Sonntag hatten Tausende Kubaner in zahlreichen Städten für Freiheit, gegen Unterdrückung und Mangelwirtschaft demonstriert. Das hatte es seit Jahrzehnten in dem Karibikstaat nicht mehr gegeben. Kubas Wirtschaft leidet stark unter dem Einbruch des Tourismus in der Pandemie sowie unter US-Sanktionen. Auch bleiben Hilfen aus Venezuela aus, da der verbündete Staat selbst in einer Krise steckt. Es fehlt in Kuba an Lebensmitteln und Medikamenten. Auch stiegen die Zahlen der Corona-Infektionen und -Todesfälle zuletzt deutlich. Der Zugang zum Internet war nach Beginn der Proteste zeitweise blockiert. Es gab seitdem nur vereinzelte Berichte über kleinere neue Demonstrationen.

Ministerpräsident Manuel Marrero gab im Fernsehen bekannt, dass bis Ende des Jahres Wertbeschränkungen bei der Einfuhr von Lebensmitteln, Medikamenten und Hygieneartikeln im Gepäck von Passagieren aufgehoben würden. Auch müssten darauf ausnahmsweise keine Zollgebühren bezahlt werden.

Zu den festgenommenen Journalisten zählt die Korrespondentin Camila Acosta von der spanischen Zeitung «ABC». Diese wurde am Montag, nachdem sie über die Demonstrationen in Havanna berichtet hatte, festgenommen und befand sich seitdem in Gewahrsam. Nach Informationen der Zeitung soll sie wegen des Vorwurfs, Verbrechen gegen die Sicherheit des Staates begangen zu haben, vor Gericht kommen.

Prominente solidarisieren sich

Zahlreiche kubanische und kubanisch-amerikanische Prominente solidarisierten sich mit den Demonstranten, darunter der Schauspieler Andy Garcia, die Sängerin Gloria Estefan und der Jazz-Pianist Chucho Valdés - letzterer hatte früher noch harte Strafmassnahmen der Regierung gegen Dissidenten öffentlich verteidigt.

Beim All-Star-Spiel der US-Baseball-Liga MLB am Dienstag in Denver hatten zwei kubanische Spieler Kappen auf, auf die sie #SOSCuba geschrieben hatten. Mit der Kennung wurde auf Twitter ursprünglich über die Gesundheitslage auf der Karibikinsel, inzwischen vor allem über die Proteste geschrieben. Kubas Aussenminister Bruno Rodríguez sagte am Dienstag in einer Pressekonferenz, der Hashtag sei Teil einer von der US-Regierung finanzierten Operation gegen Kuba.

Auf den Kappen der Spieler Aroldis Chapman und Adolis García stand auch «Patria y Vida» (Vaterland und Leben). Der Spruch wurde oft bei den Demonstrationen gerufen. Es handelt sich um den Titel eines im Februar veröffentlichten Protest-Lieds mehrerer bekannter kubanischer Musiker. Dieser ist eine Anspielung auf einen viel zitierten Ausspruch Fidel Castros: «Patria o Muerte» (Vaterland oder Tod).