Donald Trump: So versucht er sich ins Weisse Haus zu klagen
Donald Trump versucht mit einer Flut an Klagen, die Wahl für sich zu entscheiden. Das neue republikanische Übergewicht am Supreme Court ist aber kein Freipass.
Das Wichtigste in Kürze
- Donald Trump versucht sich mit juristischen Mitteln zum Sieger zu küren.
- Er hofft dabei auf den Supreme Court, an dem er drei Stellen neu besetzen durfte.
- Eine Expertin erklärt, warum die Demokraten sich noch wenig Sorgen machen müssen.
Stellen Sie sich vor, der mächtigste Mann der Welt befiehlt etwas und keiner hört hin. So fühlt sich dieser Tage, wer Donald Trump auf Twitter folgt. «STOP THE COUNT!» schreibt der US-Präsident da, und dass er sich das Weisse Haus, wenn nötig im Gerichtssaal erkämpfen würde.
Donald Trump versucht zu erreichen, dass das Stimmenzählen in den noch offenen und umkämpften Bundesstaaten per sofort abgebrochen wird. Stand jetzt würde er die Wahl so mit einer hauchdünnen Mehrheit gewinnen. Im Visier hat er dabei insbesondere die Briefwahlstimmen, welche er als «illegal» bezeichnet. Wegen der Corona-Pandemie haben dieses Jahr mancherorts bis zu zehnmal so viel Menschen per Post abgestimmt als noch 2016.
«Keine Anzeichen für Wahlbetrug»
Doch irgendwie scheint niemand wirklich ernsthaft besorgt ab diesem Szenario. Die Trump-Kampagne hat zwar schon über 300 Klagen eingereicht. Viele davon basieren aber auf Vermutungen, Beweise für einen Betrug ist das Wahlkampfteam bisher schuldig geblieben.
«Tatsächlich bestehen im Moment keine Anzeichen für Wahlbetrug oder Ähnliches», sagt Claudia Brühwiler. Sie ist Politologin und Dozentin für Amerikanistik an der HSG. Die Demokraten hätten «gute Karten» für den anstehenden Rechtsstreit, ausserdem gehöre es zum politischen Spiel, sich unbeeindruckt zu zeigen.
Donald Trump: «Briefstimmen sind illegal!»
Das sieht das Wahlkampfteam von Donald Trump anders. In Nevada sollen die Stimmen von Verstorbenen gezählt worden sein, sagt es. In Georgia seien 53 Stimmzettel berücksichtigt worden, welche nach der Schliessung der Wahllokale per Post eingetroffen sind.
In Wisconsin soll neu ausgezählt werden, weil der Vorsprung Bidens nur 20'000 Stimmen betrug. Ausserdem könne man aufgrund der Covid-Abstandsvorschriften nicht nahe genug an die Stimmenzähler heran, um sie genau zu überwachen.
Bereits abgeblitzt sind Trumps Anwälte in Michigan. Nachdem eine Gruppe von Trumpwählern versucht hatte, in ein Wahlzentrum zu gelangen, wurde sie von der Polizei gestoppt. Donald Trump hatte daraufhin behauptet, in Detroit sei «republikanischen Wahlbeobachtern» der Zugang zu einem Wahlzentrum verweigert worden. Er wollte die Auszählung darum für ungültig erklären lassen.
Einen Mini-Erfolg gibt es aber: In einer ähnlichen Ausgangslage gab ein Gericht in Philadelphia dem Trump-Wahlkampfteam die Erlaubnis, 15 zusätzliche Personen zuzulassen. Sie wollen die Stimmenzähler genau kontrollieren. Gezählt wird aber weiter.
Der Supreme Court als Königsmacher
«Grundsätzlich verlangt das Wahlgesetz, dass alle rechtlichen Streitigkeiten bis zum 8. Dezember beigelegt sein müssen», erklärt Brühwiler. Zu diesem Datum müssen die Regierungen der Staaten das Wahlergebnis «zertifizieren». Erst danach, am 14. Dezember, können die Elektoren ihre Stimmen abgeben für Donald Trump oder Joe Biden.
Zeitlich könnte das knapp werden, hat Trump doch unmissverständlich klargemacht, dass er das Ganze vor dem Obersten Gerichtshof ausfechten will. Dort durften die Republikaner in seiner aktuellen Amtszeit drei neue Richter ernennen, sie halten jetzt eine klare Mehrheit. Verhilft dieses Übergewicht jetzt Trump zu «four more years»?
Für Brühwiler ist dies reine Spekulation: «Zuerst müsste eine Klage bis zum Supreme Court gelangen, was nicht automatisch der Fall ist. Der Supreme Court entscheidet autonom über Annahme einer Klage. Zudem besteht die Möglichkeit, dass die neue Richterin, Amy Coney Barrett, in den Ausstand treten könnte.»
Was hingegen als sicher gilt: Wie bei Bush gegen Gore 2000 wird der Supreme Court das letzte Wort haben. «Die Demokraten haben bereits selber ihre Anwälte aktiviert», so Brühwiler. Der Rechtsstreit um das Oval Office werde wohl eine nie dagewesene Grössenordnung annehmen.