TV-Debatte der US-Demokraten zeigt Gräben auf
So viele Demokraten wie nie mühen sich für 2020 um eine Präsidentschaftskandidatur. Bei TV-Debatten müssen sie sich vor nationalem Publikum beweisen. Runde Nummer zwei in Detroit gerät zu einem öffentlichen Kampf um den Kurs der Partei.
Das Wichtigste in Kürze
- Bei der zweiten Fernsehdebatte der demokratischen Präsidentschaftsbewerber in den USA haben sich Linke und Moderate ideologische Richtungskämpfe auf offener Bühne geliefert.
Die linken Senatoren Bernie Sanders und Elizabeth Warren verteidigten in der Nacht zu Mittwoch bei der TV-Runde in Detroit kämpferisch ihre Konzepte, während eher gemässigte Kandidaten aus den hinteren Reihen diese zum Teil als unrealistisch und «Märchen»-Politik abtaten. Insbesondere beim Thema Gesundheitspolitik kam es zu einem heftigen inhaltlichen Schlagabtausch. Sanders und Warren stellten sich ihren Kritikern betont geschlossen entgegen.
Bei den Demokraten gibt es seit längerem einen Richtungsstreit über den künftigen Kurs der Partei. Viele junge und progressive Kräfte drängen nach links - ein Kurs, den die beiden älteren Senatoren Sanders (77) und Warren (70) schon lange verfolgen. Andere Teile der Partei halten dies für den falschen Weg im Präsidentschaftswahlkampf 2020 gegen den republikanischen Amtsinhaber Donald Trump, der versucht, die Demokraten als eine Truppe radikaler und gefährlicher Sozialisten darzustellen.
Trump schrieb auf Twitter: «Wenn ich die Wahl 2016 nicht gewonnen hätte, wären wir jetzt in einer grossen Rezession/Depression.» Die demokratischen Kandidaten würden das Land «in einen wirtschaftlichen Krater führen, wie wir ihn noch nie gesehen haben». Mit ihm - Trump - dagegen gehe es nur nach oben.
Bei der Debatte zeigten sich deutliche Differenzen in der Partei etwa bei der Gesundheitspolitik. Sanders verteidigte in Detroit - sekundiert von Warren - seine Idee von «Medicare for All», also einem Ausbau der staatlichen Krankenversicherung für alle. Weniger prominente Präsidentschaftsanwärter in der Runde - und Vertreter des moderaten Flügels - machten sich dagegen für eine Verbesserung des bestehenden Systems stark und warnten davor, Dinge zu versprechen, die nicht umsetzbar seien. Der Ex-Kongressabgeordnete aus Maryland, John Delaney, etwa mahnte, die Demokraten müssten realistische Lösungen anbieten und nicht unmögliche Ideen und «Märchen-Politik».
Warren und Sanders dagegen riefen zu mehr Mut auf. Warren sagte, sie verstehe nicht, warum jemand sich als Präsident bewerbe, «nur um darüber zu sprechen, was wir wirklich nicht tun können und wofür wir nicht kämpfen sollten». Sie gab sich höchst selbstbewusst: «Ich weiss, wie man kämpft - und ich weiss, wie man gewinnt.» Sie scheue nicht davor zurück, sich mit Konzernen und einflussreichen Lobbyisten anzulegen. «Ich habe keine Angst.»
Auch Sanders gab sich kämpferisch und beklagte, er habe es satt, wenn sich Demokraten vor grossen Ideen fürchteten. «Gesundheitsversorgung ist ein Menschenrecht, kein Privileg», sagte er. «Dafür werde ich kämpfen.» Mit Blick auf den Klimawandel mahnte er, auch hier sei ein «super-aggressives» Handeln nötig, um diesen zu bremsen.
Deutlicher als die anderen Kandidaten attackierten Warren und Sanders Präsident Trump. Sanders nannte Trump erneut einen Rassisten, Sexisten und Lügner. Warren beklagte, Trump bringe jeden Tag Schande über das Präsidentenamt. Auf gegenseitige Attacken verzichteten Warren und Sanders dagegen demonstrativ, obwohl sie füreinander wegen der inhaltlichen Schnittmengen die grössten Konkurrenten im Bewerberfeld sind.
Insgesamt haben mehr als 20 Demokraten Ambitionen auf eine Präsidentschaftskandidatur angemeldet. Es ist das grösste Bewerberfeld in der Geschichte der Partei. Nicht alle qualifizierten sich allerdings für die TV-Debatten.
Die erste Fernsehdebattenrunde hatte Ende Juni in Miami stattgefunden, nun folgte die zweite Runde in Detroit. Angesichts des grossen Bewerberfeldes wurden beide Male zwei Abende für die Debatte angesetzt - mit jeweils zehn Bewerbern.
In der Nacht zu Donnerstag stand in Detroit der zweite Teil der zweiten Runde an: Dann sollten unter anderen Ex-Vizepräsident Joe Biden und die Senatorin Kamala Harris aufeinandertreffen. Die beiden hatten sich in Florida eine emotionale Auseinandersetzung geliefert. Harris konnte dort punkten, als sie Biden scharf für dessen Positionen bei der Integration von Schwarzen angriff.
Biden führt die Umfragen unter den demokratischen Bewerbern seit Wochen an. Derzeit liegen Sanders, Warren und Harris auf den vorderen Plätzen hinter ihm. Danach folgt der aufstrebende Bürgermeister Pete Buttigieg aus Indiana. Die übrigen Kandidaten erreichen im Schnitt nur Zustimmungswerte von unter drei Prozent.
Zu den Gewinnern der Debatte in der Nacht zu Mittwoch zählten der Sender CNN ersten Einschätzungen zufolge Sanders, die «Washington Post» Warren und die «New York Times» Sanders sowie Warren. Die «New York Times» schrieb, die Aussenseiter hätten zwar ihre Momente in der Debatte gehabt. Es sei aber keinem von ihnen gelungen, Sanders oder Warren in den Schatten zu stellen.
Buttigieg tat sich in Detroit, wie schon zuvor, mit seiner unaufgeregten Art hervor. Er ist mit 37 Jahren der Jüngste in der Riege der Präsidentschaftsbewerber. Mehrfach spielte Buttigieg darauf an, dass seit Jahrzehnten immer gleiche politische Antworten diskutiert würden. Neue Antworten müssten her. Inhaltlich gehört er aber auch zu den moderaten Kräften.
Für mehrere Demokraten wird mit den TV-Debatten nach Runde zwei Schluss sein. Für die Teilnahme müssen die Anwärter bei Umfragen und Spenden Mindestwerte vorweisen. Für die dritte Debattenrunde im September in Houston gelten hier strengere Voraussetzungen. Das heisst, die Zahl der Teilnehmer dort dürfte deutlich kleiner sein.
Die TV-Debatten sind eine wichtige Gelegenheit für die Bewerber, sich landesweit dem Publikum zu präsentieren - und sich zu profilieren. Die parteiinternen Vorwahlen, bei denen die Demokraten ihren Kandidaten für die Präsidentenwahl im November 2020 festlegen, beginnen allerdings erst im Februar 2020. Trump will bei der Wahl für die Republikaner für eine zweite Amtszeit antreten.