Kriselnde Kultfirma: Die Tupperware-Party ist zu Ende
Maue Geschäfte, hohe Schulden, Aktie im freien Fall: Beim Frischhaltedosen-Hersteller Tupperware herrscht miese Stimmung. Anleger haben den US-Konzern, der einst die Haushaltswelt und den Vertrieb revolutionierte, wohl schon fast abgeschrieben.
Das Wichtigste in Kürze
- Plastikdosen als Design- und Haushaltsklassiker, Partys als Verkaufskanal - mit diesem Modell hat sich der US-Hersteller Tupperware einen Namen gemacht.
Doch das Unternehmen aus Orlando im sonnigen Florida steckt tief in der Krise. Verschärfte Konkurrenz im Markt für Haushaltsartikel und der boomende Online-Handel setzen der auf Direktvertrieb ausgerichteten Firma zu. Die Geschäfte laufen schon lange schlecht, dafür sind die Schulden hoch. Anleger scheinen Tupperware schon fast abgeschrieben zu haben.
Am Dienstag brach die Aktie zeitweise um rund 50 Prozent ein, was den Kurs auf ein Rekordtief von unter drei Dollar drückte. Zum Vergleich: Ende 2013 hatten die Papiere noch mehr als 90 Dollar gekostet. Hinter dem Börsenabsturz der einstigen Kultfirma verbergen sich handfeste operative Probleme. Seit acht Quartalen sinken die Erlöse. Im November schmiss Chefin Tricia Stitzel nach nur 18 Monaten hin. Ihr Nachfolger Chris O'Leary wurde nur als Übergangslösung verpflichtet, die Suche nach einem dauerhaften Chef war bislang erfolglos.
Das fast 75 Jahre alte Unternehmen, dessen Gründer Earl Tupper 1946 die Küchenwelt mit seinen bunten «Wunderschüsseln» aufmischte, steht mit dem Rücken zur Wand. Der Geschäftsbericht für 2019 musste wegen Ungereimtheiten bei der Bilanzierung des Beauty-Geschäfts Fuller in Mexiko verschoben werden, was zu millionenschweren Sonderbelastungen führen könnte und den Aktionären zuletzt endgültig die Laune verdarb. Es war nicht die einzige Hiobsbotschaft: Tupperware gab wegen Problemen in Brasilien, China, den USA und Kanada eine Gewinnwarnung ab und räumte Verschuldungsprobleme ein.
Wie konnte es so weit kommen? Die bunten Schüsseln und Boxen von Tupperware haben Haushalte fast rund um den Globus geprägt und es sogar als Design-Klassiker in Museen und Kunstausstellungen geschafft. Auch in Deutschland verbreiteten sich die luftdicht verschliessbaren Behältnisse, deren Kunststoffdeckel beim Schliessen den charakteristischen Laut von sich geben, seit den frühen 1960er Jahren rasant. Als Erfolgskonzept erwiesen sich Gründer Tuppers Haushaltsprodukte vor allem in Kombination mit Marketing-Genie Brownie Wises Idee der Tupper-Party. Aber ist dieser Ansatz überhaupt noch zeitgemäss?
Während sich der Einzelhandel in den vergangenen Jahren mehr und mehr ins Internet verlagert hat, wo Shopping-Giganten wie Amazon oder Alibaba mit enormer Marktmacht die Preise drücken, setzte Tupperware lange Zeit unbeirrt weiter auf seine klassischen Verkaufswege - und auch vergleichsweise teure Produkte. «Partys sind noch immer unser Verkaufsmodell», sagte der damalige Konzernchef Rick Goings der Deutschen Presse-Agentur noch 2017 - trotz immer stärkerer Konkurrenz aus dem Internet. Direkte Ansprache durch Bekannte oder Verwandte im Verkauf sei vor allem für jüngere Leute äusserst wichtig. «Derzeit haben wir fast nur Partys.»
Nach Einschätzung des Marketing-Experten Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU in Düsseldorf hat das Unternehmen in guten Zeiten nicht für die Zukunft vorgesorgt: «Die Kategorie Frischhaltedosen ist inzwischen relativ austauschbar.» Zudem sei Tupperware zu spät in den Onlinehandel eingestiegen und habe zu lange nur auf Verkaufspartys gesetzt.
Zwar bietet Tupperware seine Produkte mittlerweile auch stärker im Netz an, ist hier jedoch weit abgeschlagen. Das Produktportfolio hat sich über die Jahre stark verändert. Aufbewahrungsschüsseln für Lebensmittel sind schon länger nicht mehr der Hauptgeschäftstreiber. Einen Grossteil seines Umsatzes macht das Unternehmen inzwischen etwa mit Wasserfiltern oder Mikrowellenprodukten. Zudem gehören Kosmetik- und Körperpflegeprodukte dazu. Asien hat den Heimatmarkt Nordamerika als grösste Umsatzstütze überholt. Doch in China, wo der Konzern Tausende Filialen hat, laufen die Geschäfte schlecht - und daran dürfte sich wegen des Coronavirus so rasch auch nicht viel ändern.
Und wie ist die Lage in Deutschland? «Für Europa und allen voran Deutschland sehen wir bereits im dritten und vierten Quartal 2019 einen eindeutigen positiven Trend, den wir im ersten Quartal 2020 und darüber hinaus fortsetzen werden», sagte Hauke Grotevent, Geschäftsführer der Tupperware Deutschland GmbH. Das im Juni 2018 gestartete Onlinegeschäft verzeichne wachsende Umsätze. Zugleich sollen auch hierzulande Vorführläden zusätzlich Kunden locken. Zwei Studios gibt es seit 2019.
Zuletzt schrieb die Tupperware Deutschland GmbH allerdings rote Zahlen. Laut jüngster Veröffentlichung im Bundesanzeiger wies das Unternehmen für 2018 unter dem Strich einen Jahresfehlbetrag von 2,3 Millionen Euro aus (2017: minus 0,3 Mio.) aus.