Prozess gegen Drogenboss El Chapo geht mit Jury Auswahl weiter

Er galt als mächtigster Drogenboss der Welt. Jetzt muss sich Joaquín «El Chapo» Guzmán vor Gericht verantworten. Die zwölf Geschworenen werden gesucht.

Das Department of Homeland Security bewacht das Bundesverwaltungsgericht in Brooklyn (USA). - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Drogenboss «El Chapo» ist in Mexiko bereits zweimal aus dem Gefängnis geflüchtet.
  • Die Todesstrafe ist nach einer Einigung zwischen Mexiko und den USA ausgeschlossen.

Fast zwei Jahre nach seiner Auslieferung an die USA steht der ehemalige mexikanische Drogenboss Joaquín «El Chapo» Guzmán in New York vor Gericht. Heute Dienstag, dem zweiten Tag des Prozesses, sollte zunächst die Auswahl der zwölf Geschworenen weitergehen. Sie sollen aus Sicherheitsgründen anonym über Guzmáns Schicksal entscheiden. Die US-Justiz wirft dem 61-jährigen unter anderem Drogenhandel, Geldwäsche und das Führen einer kriminellen Organisation – des mexikanischen Drogenkartells Sinaloa – vor.

Er soll tonnenweise Kokain und Heroin in die USA geschmuggelt und damit Milliarden verdient haben. Zudem soll «El Chapo» für bis zu 3000 Morde verantwortlich sein. Guzmán, der einst als mächtigster Drogenhändler der Welt galt, droht lebenslange Haft. Die Todesstrafe ist nach einer Einigung zwischen Mexiko und den USA ausgeschlossen.

Spektakuläre Ausbrüche

Der eigentliche Prozessauftakt mit den Eröffnungsplädoyers ist für den 13. November geplant. Schon in Mexiko sass «El Chapo» ein, doch gleich zwei Mal gelangen ihm spektakuläre Ausbrüche aus Hochsicherheitsgefängnissen. Seit seiner Auslieferung im Januar 2017 an die USA wartet er unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen auf seinen Prozess in New York.

Rund ein Dutzend Staatsanwälte arbeiten dort an dem Fall. 16 Zeugen – darunter mexikanische und kolumbianische Dealer, die in US-Gefängnissen sitzen – haben sie in Stellung gebracht, um gegen «El Chapo» auszusagen. Guzmán hat mehrere Star-Verteidiger angeheuert. Das Gericht in Brooklyn gilt als Institution im Kampf gegen das organisierte Verbrechen.

Ein NYPD-Notdienstfahrzeug, Teil einer schwer bewaffneten Wagenkolonne der Strafverfolgungsbehörden, transportiert den mexikanischen Drogenboss Joaquín «El Chapo» Guzmán zurück in ein Hochsicherheitsgefängnis in Lower Manhattan, nachdem er eine Voruntersuchung für seinen Drogenverschwörungsfall in einem Gerichtsgebäude in Brooklyn erhalten hat. - dpa

Das Verfahren wird nach Einschätzung von Richter Brian Cogan mehrere Monate dauern. Wegen der Flut an Dokumenten hatte der eigentlich für April geplante Prozessauftakt auf Bitte der Guzmán-Verteidiger verschoben werden müssen. Aus Sicherheitsbedenken findet die Juryauswahl im kleinen Kreis statt – neben Richter Cogan, Verteidigung und Staatsanwaltschaft sind nur fünf Journalisten zugelassen, die anschliessend die anderen Medien informieren müssen. Zu gross waren die Bedenken, Mitglieder des Sinaloa-Kartells könnten sich unter die Journalisten mischen.

Michael-Jackson-Double

Auch die Sicherheit der Geschworenen spielt eine grosse Rolle. So gehörte zu den ersten 46 Kandidaten, die sich am Montag vorstellten, ein Michael-Jackson-Double. Die Staatsanwaltschaft erwog, ihn nicht zu nehmen, da er zu leicht zu identifizieren wäre.

Der wegen seiner Körpergrösse von etwas mehr als 1,60 Meter «El Chapo» (Der Kurze) genannte Guzmán erschien am Montag in einem blauen Jackett und weissem Hemd. Die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Gericht im New Yorker Stadtteil Brooklyn waren extrem hoch. Vor dem Gebäude versammelten sich bei trübem Herbstwetter mit Nieselregen Dutzende Reporter und Schaulustige. Sollte er nur in einem der Anklagepunkte schuldig gesprochen werden, droht ihm schon eine lebenslange Haftstrafe. Der Drogenkrieg in Mexiko tobt allerdings auch ohne ihn weiter.

Orangen-Händler

«El Chapo» kam 1957 in dem Dorf La Tuna de Badiraguato im mexikanischen Bundesstaat Sinaloa zur Welt. Der Sohn einer armen Familie verkaufte als Jugendlicher Orangen, bevor er sich in den 80er Jahren der Drogenbande um Miguel Ángel Félix Gallardo anschloss. Nach dessen Festnahme gründete er das Sinaloa-Kartell. Die US-Antidrogenbehörde DEA bezeichnet das Syndikat als multinationalen Grosskonzern des organisierten Verbrechens.

1993 war «El Chapo» bereits in Guatemala festgenommen worden, 2001 gelang ihm die erste Flucht aus einem Hochsicherheitstrakt in Mexiko. 2014 ging er Marineinfanteristen ins Netz, gelangte dann aber im Juli 2015 durch einen 1,5 Kilometer langen Tunnel in die Freiheit. Im Januar 2016 wurde Guzmán erneut gefasst und ein Jahr darauf an die USA ausgeliefert.

Die New Yorker Polizei hat vor dem Bundesverwaltungsgericht in Brooklyn zum Prozess gegen den mexikanischen Drogenboss Joaquin «El Chapo» Guzman die Sicherheitsmassnahmen verstärkt. - dpa