Richterin nimmt Apple-Chef in die Mangel
Ein Prozess in Kalifornien kann verändern, wie man an Apps auf dem iPhone kommt. Auf der Verhandlungs-Zielgeraden nimmt die Richterin Tim Cook in die Mangel - er verteidigt das Geschäftsmodell.
Das Wichtigste in Kürze
- Im App-Store-Prozess zwischen Apple und der Spielefirma Epic hat die zuständige Richterin Zweifel an Teilen des Geschäftsmodells des iPhone-Konzerns erkennen lassen.
Unter anderem hinterfragte sie während der Aussage von Apple-Konzernchef Tim Cook die Regel, dass Entwickler die Nutzer nicht darauf hinweisen dürfen, dass es ihre digitalen Produkte ausserhalb des App Stores günstiger zu kaufen gäbe. Auch warf sie die Frage auf, ob es gerechtfertigt ist, dass Apple fortlaufend eine Gebühr auf die Einnahmen von Entwicklern kassiert.
Cook verteidigte das Geschäftsmodell und die Regeln im App Store. Apple gehe einen hohen Aufwand für den Betrieb der App-Plattform ein - und finanziere das mit der Abgabe von 15 oder 30 Prozent vom Preis digitaler Artikel und Abos, argumentierte er. Cook sagte zugleich, Apple errechne nicht, ob der App Store mit Profit arbeite - aber er habe das «Gefühl», dass dies so sei.
Der Grossteil der Apps im Store sei kostenlos und Apple verdiene kein Geld an ihnen, betonte Cook. Dies locke aber Nutzer auf die Plattform - wovon auch Entwickler profitierten, die eine Abgabe auf ihre Erlöse zahlten. Apple könne nicht zulassen, dass direkt im App Store auf andere Kaufmöglichkeiten verwiesen werde, weil damit die Ausgaben des Konzern nicht mehr finanziert werden könnten.
Cook bestätigte zugleich nach Fragen der Richterin Yvonne Gonzalez Rogers, dass der Grossteil der Store-Einnahmen aus Spiele-Apps komme. Sie betonte daraufhin, dass damit Spiele-Anbieter aus ihrer Sicht für einen überproportionalen Anteil der App-Store-Kosten aufkommen müssten. Zugleich verstehe sie zwar, dass Apple als Anbieter der Plattform Nutzer und Apps zusammenbringe. Aber nach diesem ersten Schritt sorgten die Entwickler der Spiele dafür, dass die Kunden bei ihnen blieben. «Apple profitiert einfach davon, erscheint es mir», sagte Gonzalez Rogers. «Ich sehe das anders, Euer Ehren», entgegnete Cook. Apple ermögliche das gesamte Geschäft auf der Plattform.
Gonzalez Rogers zeigte sich auch überzeugt, dass Apple jüngst die App-Store-Abgabe für Entwickler mit niedrigen Einnahmen nicht angesichts des Wettbewerbs, sondern unter dem Druck von Klagen und Nachforschungen von Regulierern senkte. Cook sagte, der Schritt sei von der Corona-Pandemie ausgelöst worden. Apple hatte jüngst die Abgabe für App-Entwickler, die weniger als eine Million Dollar pro Jahr erlösen, von 30 auf 15 Prozent gesenkt. Google folgte daraufhin mit einem ähnlichen Schritt bei seiner App-Plattform Play Store.
Die Position der Richterin hat zentrale Bedeutung, denn der Prozess wird ohne Geschworene von ihr allein entschieden. Zugleich sagte die kalifornische Richterin bereits, dass sie mit einer Berufung nach ihrer Entscheidung rechne, weil eine der Streitparteien damit unzufrieden sein werde - oder sogar beide. Während des Verfahrens richtete sie auch skeptische Fragen an die Epic-Seite.
Epic Games, die Firma hinter dem populären Spiel «Fortnite», will einen eigenen App Store auf dem iPhone betreiben und Apple keine Abgabe für Einnahmen aus dem Verkauf digitaler Artikel zahlen. Apple verteidigt das aktuelle System, bei dem Anwendungen nur über den App Store des Konzerns geladen werden können. Cook bekräftigte die Warnung, dass mehrere App Stores zuzulassen und die Kontrollen zu lockern «schreckliche» Folgen für die Nutzer haben würde. Laut Apple ist das System nötig, um Nutzer vor Betrug und Software-Fehlern zu schützen.
Die Frage nach dem Wettbewerb gehört zu den entscheidenden in dem Verfahren sein. Denn Epic argumentiert, Apple habe eine Monopolposition beim Vertrieb von Apps auf dem iPhone, weil keine anderen Download-Plattformen oder Bezahlwege für digitale Inhalte und Dienste erlaubt seien. Apple entgegnet, bei Spiele-Apps wie «Fortnite» müsse man den gesamten Markt inklusive Spielekonsolen und PC-Gaming betrachten.
Der Streit entbrannte im August. Epic wollte sich nicht mehr an die seit mehr als einem Jahrzehnt geltende Vorgabe halten, dass virtuelle Artikel in seinem populären Spiel «Fortnite» auf iPhones nur über das System der In-App-Käufe von Apple angeboten werden können. Deshalb schmuggelte Epic einen eigenen Kaufmechanismus in der iPhone-App an Apples Prüfern vorbei und aktivierte ihn. Apple warf die App daraufhin aus dem Store, Epic zog vor Gericht.
Cook sprach kurz vor dem Ende des rund dreiwöchigen Verfahrens. Wie schnell die Richterin danach eine Entscheidung fällt, ist unklar.
Unterstützung bekam Apple am Freitag vom Miterfinder der populären Foto-App Snapchat, Evan Spiegel. Der Chef der Entwicklerfirma Snap betonte im TV-Sender CNBC, man sei froh, als Gegenleistung für die App-Store-Abgabe Zugang zu Apples Technologie zu bekommen. «Wir denken, dass es Snapchat nicht geben würde ohne das iPhone und die grossartige Plattform, die Apple geschaffen hat.»