Stinkende Gäste: Seelöwen seit 30 Jahren in San Francisco willkommen
Das laute Bellen hört man schon von Weitem, dann der Gestank: Die Seelöwen am Pier 39 locken jedes Jahr Millionen Schaulustige an, nun schon seit 30 Jahren.
Das Wichtigste in Kürze
- In San Francisco haben vor 30 Jahren kletterten Seelöwen auf ein Dock am Hafen der Stadt.
- Seitdem sind die Seelöwen eine Touristenattraktion der Stadt an der Westküste.
Sie machen Krach, stinken und übergeben sich – und sind dennoch gerngesehen. Sogar eine Jubiläumsfeier richtet San Francisco seinen beliebten und beleibten Dauergästen an diesem Wochenende aus. Im Januar 1990, vor 30 Jahren, hatten gerade die ersten Seelöwen einen Bootssteg im Hafen der Westküstenstadt erobert. Der Spitzname des ersten: «Flea Collar», also Floh-Halsband, wegen einer Fischerleine, die sich um seinen Hals gewickelt hatte.
«Wir sind ihm ewig dankbar, dass er damals auf ein Dock kletterte, aus welchen Gründen auch immer», erklärt Hafenmeisterin Sheila Chandor. «Andere folgten ihm, wie ein Dominoeffekt, doch niemand glaubte, dass sie sich 30 Jahre später hier immer noch breit machen würden.»
Chandor war damals am Pier 39, im Hafen der Fisherman's Wharf, für Boote zuständig. «Meeressäugerbetreuung stand nicht in meinem Vertrag», sagt die rothaarige Hafenmeisterin lachend. Jetzt sieht sie sich längst als Sprecherin der Seelöwen. «Sie sind unsere grösste Touristenattraktion».
Seehunde tanken Sonne oder kämpfen um Plätze
Nur ein paar Meter vor den Augen Hunderter Schaulustiger ziehen die bis zu 400 Kilogramm schweren Tiere ihre vergnügliche Show ab. Auf schwimmenden Holzdecks tanken sie Sonne, kämpfen brüllend um die besten Plätze, wälzen sich übereinander hinweg und stossen sich mitunter gegenseitig von den Stegen. Den Gestank alter Fischreste nimmt man gerne in Kauf.
Es hätte auch ganz anders kommen können. San Francisco erholte sich gerade von den Folgen des schweren Erdbebens im Oktober 1989, als sich die Seelöwen im Hafenbecken buchstäblich breit machten.
Die Zahl wuchs schnell auf mehrere Hundert Tiere an. Bootseigentümer regten sich über den Lärm und den Gestank auf. Die Stege waren nicht mehr zugänglich.
Statt der Seelöwen wurden die jedoch Boote umquartiert, die Holzstege verstärkt, weitere Docks kamen im Laufe der Jahre hinzu. Helfer patrouillieren im Boot im Hafenbecken, Stege müssen repariert und alle paar Wochen mit einem starken Wasserstrahl gesäubert werden. Für kranke oder verletzte Tiere rufen die Pier-Betreiber das Marine Mammal Center, eine Klinik für Meeressäuger, zur Hilfe. Ein Seelöwe mit einer Schusswunde direkt durchs Auge sei kürzlich erfolgreich behandelt und wieder im Meer ausgesetzt worden, erzählt Chandor.
Angriffe auf Badende im Wasser sind selten. «Sie gehen Menschen aus dem Weg, und das ist gut so, denn es sind wilde Tiere, die beissen können», erklärt Chandor.
Umgekehrt ist das anders. «Wir haben schon verrückte Dinge erlebt. Ein Besucher sprang auf ein Dock und musste von uns gerettet werden. Ein anderer wollte ihnen Hundefutter geben.»