Trump demonstriert nach Klinik-Aufenthalt Stärke

Vier Wochen vor der US-Wahl will Corona-Patient Trump ein Zeichen der Stärke setzen und kehrt ins Weisse Haus zurück. Er fühle sich besser als vor 20 Jahren, verkündet der Präsident. Kritikern gibt Trump neue Munition.

US Präsident Donald Trump streckt die Daumen nach oben auf dem Balkon vor dem Blue Room. Foto: Alex Brandon/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • US-Präsident Donald Trump hat seine Rückkehr aus dem Krankenhaus ins Weisse Haus als Demonstration der Stärke inszeniert.

Nach seinem dreitägigen Klinik-Aufenthalt rief der Corona-Patient die Amerikaner am Montag in einer Videobotschaft ungeachtet der mehr als 210.000 Toten seit Beginn der Pandemie in den USA dazu auf, ihr Leben nicht von dem Virus dominieren zu lassen.

«Habt keine Angst davor. Ihr werdet es besiegen.» Dabei hat Trump seine Erkrankung selbst noch nicht überwunden. Nach Angaben des Leibarztes des Präsidenten, Sean Conley, ist er «noch nicht über den Berg».

Nach seiner Ankunft mit dem Helikopter auf dem Südrasen des Weissen Hauses stieg der 74-Jährige am Montagabend (Ortszeit) die Treppe zum Balkon seiner Residenz hoch, nahm dort den Mund-Nasen-Schutz ab und salutierte dem Piloten seines abfliegenden Hubschraubers. Die Szenen fasste das Weisse Haus in einem Video zusammen, das Trump im Blitzlichtgewitter zeigte, und unterlegte sie mit dramatischer Musik. Auf Nahaufnahmen der Medien war zu sehen, dass Trump ausser Puste war.

Trump hatte seine Entlassung aus dem Walter-Reed-Krankenhaus in einem Vorort von Washington am Montag selbst auf Twitter verkündet und behauptet, er fühle sich besser als vor 20 Jahren. Leibarzt Conley sagte, Entwarnung für den Krankheitsverlauf könne er voraussichtlich erst kommende Woche geben. Trump benötige derzeit aber nichts, wofür er im Krankenhaus bleiben müsse. «Wenn wir durch das Wochenende bis zum Montag kommen und sein Zustand genauso bleibt oder sich verbessert, dann können wir alle schliesslich erleichtert aufatmen.»

Der Präsident werde im Weissen Haus rund um die Uhr die beste medizinische Versorgung bekommen, sagte Conley. Neben der Privatwohnung des Präsidenten befindet sich dort eine medizinische Abteilung. Das Team des Leibarztes setzt sich unter anderem aus Militärärzten und Krankenhelfern zusammen.

Die Einheit könne im Notfall «in den ersten 15 Minuten das leisten, was eine Notaufnahme leisten kann», sagte der Kardiologe Jonathan Reiner von der George-Washington-Universitätsklinik der «Washington Post». Ein Patient könnte im Falle eines Herzinfarktes wiederbelebt, stabilisiert und dann in ein Krankenhaus verlegt werden. Trump wurde am Freitag im Weissen Haus zusätzlicher Sauerstoff verabreicht.

Trump dürfte noch ansteckend sein und müsste nach Vorgaben von Gesundheitsbehörden die Maske tragen, um Personen in seiner Nähe zu schützen. Er nahm sie aber ab, während Kameraleute des Weissen Hauses in seiner Nähe waren.

Trump wurde seit seiner am Freitag bekannt gewordenen Diagnose mit einer Reihe von Medikamenten behandelt, darunter mit einem noch experimentellen Antikörper-Mittel. Nach Einschätzung des renommierten Immunologen Anthony Fauci könnte dies entscheidend zu einer schnellen Verbesserung von Trumps Gesundheitszustand beigetragen haben. «Ich habe einen starken Verdacht, dass ihm das geholfen hat», sagte Fauci im Sender CNN. Das Mittel war von der Biotech-Firma Regeneron auf Anfrage der Präsidenten-Ärzte bereitgestellt worden. Es wird für gewöhnliche Patienten noch lange nicht verfügbar sein.

Wegen eines vorübergehenden Sauerstoffabfalls in seinem Blut bekam Trump auch das Steroid Dexamethason verabreicht. Ausserdem wurde er mit dem Mittel Remdesivir behandelt. Experten sahen in den Medikamenten Hinweise für einen schweren Verlauf der Erkrankung. Wie es ihm derzeit wirklich geht, ist unklar.

Trump machte nach seiner Entlassung aus der Klinik deutlich, dass er keine Notwendigkeit für drastische Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus sieht. Mancherorts sei Covid-19 weniger tödlich als die Grippe, an der jedes Jahr trotz Impfung viele Menschen - «manchmal mehr als 100.000» sterben würden, schrieb Trump am Dienstag auf Twitter.

Besonders zu Beginn der Pandemie hatte Trump Covid-19-Erkrankungen wiederholt mit einer Grippe-Infektion verglichen. Im September wurde bekannt, dass Trump dies tat, obwohl ihm die gravierenden Risiken des Virus bewusst waren: Im Gespräch mit dem Journalisten Bob Woodward sagte er schon im Februar, Covid-19 sei «tödlicher» als eine schwere Grippe, die pro Jahr 25.000 bis 30.000 Amerikaner das Leben koste.

Am 3. November steht in den USA die Präsidentschaftswahl an. Trump verkündete am Montagabend auf Twitter, er werde seinen ausgesetzten Wahlkampf bald wieder aufnehmen. Er plane auch weiterhin, an der zweiten TV-Debatte mit Herausforderer Joe Biden am 15. Oktober teilzunehmen, sagte ein Sprecher von Trumps Wahlkampfteam dem TV-Sender Fox News. Am Mittwochabend steht die Debatte von Vizepräsident Mike Pence und Bidens Vize-Kandidatin Kamala Harris in Salt Lake City im Bundesstaat Utah an. Pence und Harris sollen dabei laut Medienberichten von einer Plexiglas-Scheibe getrennt werden.

Biden widersprach Trumps verharmlosenden Aussagen bei einem Wahlkampfauftritt am Montag in Florida: «Es gibt eine Menge, worüber man sich Sorgen machen muss.» Er hoffe, dass niemand mit Trumps Botschaft fortgehe und denke, dass das Virus kein Problem darstelle. «Es ist ein ernsthaftes Problem», sagte Biden.

In dem Land mit rund 330 Millionen Einwohnern wurden bereits mehr als 7,4 Millionen Infektionen verzeichnet. Trump werden schwere Versäumnisse im Umgang mit der Pandemie vorgeworfen, die Pandemie ist keineswegs unter Kontrolle. Selbst das Weisse Haus hat mit einem Ausbruch zu kämpfen. Nach einer dortigen Veranstaltung am 26. September wurden mehrere Personen positiv getestet. Zudem steckte sich neben Trumps Wahlkampfmanager Bill Stepien auch Trumps Sprecherin Kayleigh McEnany mit dem Virus an.