Trump bricht Militäraktion gegen den Iran ab: Zu viele Opfer
Seit Monaten spitzt sich der Konflikt zwischen USA und dem Iran zu. Nie war eine militärische Konfrontation so nah wie jetzt. US-Präsident Trump sagt, ein Angriff auf den Iran sei vorbereitet gewesen - und von ihm nur zehn Minuten vorher gestoppt worden.
Das Wichtigste in Kürze
- US-Präsident Donald Trump hat einen Militärschlag gegen den Iran nach eigenen Angaben wegen der befürchteten Todesopfer in letzter Minute gestoppt.
Die vom US-Militär erwarteten 150 Toten wären im Vergleich zum Abschuss einer US-Drohne durch den Iran «unverhältnismässig» gewesen, schrieb Trump am Freitag auf Twitter.
Die US-Streitkräfte seien am Donnerstagabend bereit zum Angriff auf drei verschiedene Ziele gewesen, «als ich gefragt habe, wie viele sterben werden. 150 Menschen, Sir, war die Antwort eines Generals. .»
Trump machte keine Angaben dazu, welche Ziele angegriffen werden sollten. Die «New York Times» berichtete, es seien Radarstationen und Raketenbatterien gewesen. Die US-Militärplanungen verstärkten die Sorge, dass der Konflikt zwischen den USA und dem Iran in einem neuen Golfkrieg münden könnte. Es wäre der dritte Militärschlag der USA unter Trump in Nahost gewesen, nach den beiden Angriffen auf Ziele in Syrien im Jahr 2017 und 2018.
Die Spannungen zwischen den USA und dem Iran hatten sich in der Nacht zum Donnerstag dramatisch zugespitzt, nachdem der Iran eine amerikanische Aufklärungsdrohne abgeschossen hatte. Über den genauen Abschussort machen der Iran und die USA unterschiedliche Angaben.
Die US-Regierung spricht davon, dass das unbemannte Flugzeug über internationalen Gewässern getroffen worden sei. Der Iran will Beweise dafür haben, dass die Drohne über iranischem Hoheitsgebiet geflogen sei. Es geht um wenige Kilometer. Ausserdem gibt der Iran an, dass die USA mehrfach vor Abschuss der Drohne gewarnt worden seien.
Der iranische Sicherheitsrat wies am Freitag Berichte zurück, wonach Trump den Iran über die Regierung des arabischen Golfstaates Oman gewarnt haben soll, dass ein Militärschlag bevorstehe. Ebenso dementiert wurde, dass es eine Botschaft Trumps gebe, wonach er keinen Krieg, sondern Gespräche mit der Führung in Teheran wolle und dafür eine Frist gesetzt habe. In der Vergangenheit hatte Trump - wie auch die iranische Führung - mehrfach betont, keinen Krieg zu wollen.
Trump schrieb am Freitag. «Ich habe keine Eile.» Das US-Militär sei einsatzbereit «und mit Abstand das beste in der Welt». Die Wirtschaftssanktionen gegen den Iran zeigten Wirkung. Er betonte: «Der Iran kann NIE Atomwaffen haben.» Trump verteidigte seinen einseitigen Ausstieg aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran und kritisierte seinen Amtsvorgänger Barack Obama dafür, den Vertrag mit Teheran abgeschlossen zu haben. Nach dem Ausstieg hatten die USA wieder harte Wirtschaftssanktionen in Kraft treten lassen.
Ein Berater des iranischen Präsidenten Hassan Ruhani zog am Freitag eine Verbindung zwischen den US-Wirtschaftssanktionen und einem möglichen Golfkrieg. Wenn die Welt keinen Krieg wolle, sollte sie etwas gegen den Ausstieg der USA aus dem Atomdeal und die gegen sein Land verhängten Sanktionen unternehmen, schrieb Hesameddin Ahsena am Freitag auf Twitter. «Die Amerikaner sollten wissen, dass dies zwei Seiten derselben Münze sind.»
Im iranischen Fernsehen wurden am Freitag Wrackteile präsentiert, die von der abgeschossenen Drohne stammen sollen. Der Kommandeur des Luftwaffenarms der , Amir Ali Hadschisadeh, sagte nach Angaben iranischer Staatsmedien, gemeinsam mit der Drohne sei auch ein bemanntes US-Aufklärungsflugzeug vom Typ Poseidon eingedrungen, das seine Truppen hätten abschiessen können. Man habe sich auf die Drohne beschränkt, «um den terroristischen amerikanischen Truppen eine Warnung zu erteilen».
Die Eskalation hatte weltweit die Sorge vor einem angeheizt. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte zum Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel, es handele sich um eine «sehr angespannte Situation», die auf diplomatische und politische Weise gelöst werden müsse. Am Rande des Gipfels hätten die aussenpolitischen Berater die Lage besprochen.
Die Spannungen wirktem sich auch auf die zivile Luftfahrt auf. Die US-Luftfahrtbehörde FAA verhängte ein Flugverbot für in den USA registrierte Flugzeuge über Teile des Krisengebietes. Flüge über dem Persischen Golf und dem Golf von Oman seien bis auf Weiteres nicht mehr erlaubt, teilte die FAA via Twitter mit. Erhöhte Militärtätigkeit und zunehmende politische Spannungen könnten Verkehrsflugzeuge einem Risiko aussetzen. Die Anordnung gilt für alle in den USA angemeldeten Fluggesellschaften.
Auch europäische Fluggesellschaften erklärten, die Strasse von Hormus im Persischen Golf zu umfliegen. Ein Sprecher der Lufthansa sagte, eine entsprechende Entscheidung sei bereits am Donnerstag gefallen. Teile des iranischen Luftraums würden aber noch überflogen und auch die Landeshauptstadt Teheran werde angesteuert.
Trump hatte am Donnerstag gesagt, es sei «wissenschaftlich dokumentiert», dass die Drohne in internationalem Luftraum geflogen sei. Der iranische Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif schrieb dagegen auf Twitter, man werde den Fall vor die Vereinten Nationen bringen «und zeigen, dass die Vereinigten Staaten lügen».
Nach Angaben des US-Zentralkommandos Centcom, das die Truppen im Nahen Osten führt, wurde die Drohne des Typs RQ-4A «Global Hawk» über der Strasse von Hormus von einer iranischen Luftabwehrrakete getroffen.
Der Luftraum eines Landes erstreckt sich nach UN-Angaben über dessen Landmasse und gegebenenfalls über dessen Hoheitsgewässer, die bis zu zwölf nautische Meilen (22,2 Kilometer) vor die Küste reichen. Die Koordinaten, an denen die Drohne laut Sarif angegriffen wurde, liegen rund 15 Kilometer vor dem nächsten Punkt an der iranischen Küste. Auf einer Pentagon-Karte ist die Markierung für die Absturzstelle deutlich weiter von der Küste des Landes entfernt.
Die Spannungen zwischen den USA und dem Iran nehmen seit Mai 2018 zu, als Trump das internationale Atomabkommen mit dem Iran aufkündigte. Trump will das Abkommen neu aushandeln und den Iran dazu zwingen, strikteren Auflagen zuzustimmen.
Dazu hat die US-Regierung die bislang härtesten Sanktionen gegen den Erdöl- und Bankensektor im Iran erlassen, die der Wirtschaft des Landes immer mehr zusetzen. Die Führung in Teheran lehnt bislang Neuverhandlungen mit den USA ab.
Erst am Montag hatte das Pentagon angekündigt, weitere 1000 Soldaten in den Nahen Osten zu schicken, um US-Truppen und Interessen der USA in der Region zu schützen. Irans Aussenminister Sarif kündigte am Freitag an, dass sein Land ab dem 7. Juli eine im internationalen Atomabkommen festgelegte Obergrenze von 3,67 Prozent für die Anreicherung von Uran überschreiten werde, falls es keine Lösung im Sanktionsstreit mit den USA gebe. Beobachter sehen darin das Ende des Wiener Atomabkommens und eine mögliche weitere Eskalation des Konfliktes.