UN-Bericht: Länder schicken Waffen nach Libyen

Seit Jahren sind Millionen Zivilisten in Libyen Chaos und Gewalt ausgeliefert. Nun bestätigen UN-Experten, dass Länder den Bürgerkrieg mit Waffenlieferungen anheizen. Bezüglich eines schweren Luftangriffs auf ein Flüchtlingslager geraten zwei Staaten ins Visier.

Ein Regierungssoldat inspiziert die Waffen eines Militärfahrzeugs. Foto: -/Xinhua/dpa/Archiv - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der verheerende Bürgerkrieg in Libyen wird nach Angaben von UN-Experten durch illegale Waffenlieferungen von der Türkei, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Jordanien angeheizt.

Die Länder schickten «routinemässig und manchmal unverhohlen» Waffen übers Mittelmeer und per Flugzeug an die beiden Kriegsparteien, das geht aus einem vertraulichen Bericht der Vereinten Nationen hervor, den die Deutsche Presse-Agentur einsehen konnte.

Die beteiligten Länder hätten das geltende Waffenembargo der UN unterlaufen. Daneben erhielten sowohl die international unterstützte Regierung des Landes in Tripolis als auch die Truppen ihres militärischen Gegenspielers, General Chalifa Haftar, militärische Ausrüstung und technische Unterstützung. Demnach setzen beide Seiten auch Kampfdrohnen ein. Ebenso hätten sie ausländische Kämpfer aus dem Tschad und dem Sudan als Verstärkung erhalten.

Die Zusammenfassung des mehrere Hunderte Seiten langen, detaillierten und vertraulichen Reports eines UN-Expertengremiums an den Sicherheitsrat wurde von der dpa eingesehen und sein Inhalt von mehreren Diplomaten bestätigt.

Das Papier untersucht auch den schweren Luftangriff auf ein Flüchtlingslager in der Nähe von Tripolis im Juli, bei dem mehr als 50 Menschen starben. Die Experten nannten dabei zunächst keinen Verantwortlichen für die Tat, stellen aber aufgrund mutmasslich eingesetzter Kriegsflugzeuge einen Zusammenhang mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten her. Die Attacke sei «als aktive Unterstützung Haftars» ausgeführt worden, heisst es.

Die VAE, Ägypten und Jordanien unterstützen in dem Konflikt Chalifa Haftar aus dem Osten des Landes, die Türkei die Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch in Tripolis im Westen. Immer wieder gab es in diesem Zusammenhang auch Berichte über illegale Waffenlieferungen, die der UN-Bericht nun bestätigt.

Libyen ist seit dem Sturz von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi im Chaos versunken. Eine anhaltende Offensive des mächtigen Haftar im April auf die Hauptstadt Tripolis hatte die Lage in dem Bürgerkriegsland noch einmal dramatisch verschärft. Der Konflikt ist festgefahren, ein militärischer Sieg einer der beiden Seiten scheint nicht in Sicht.

Die Länder des UN-Sicherheitsrates wollen Ende des Monats über den Bericht beraten. Ob er danach veröffentlicht wird, blieb zunächst unklar. Es ist möglich, dass einzelne Staaten im mächtigsten UN-Gremium ihre schützende Hand über Verbündete halten könnten. So wird General Haftar auch vom permanenten Sicherheitsratsmitglied Russland unterstützt.