US-Demokraten treiben Untersuchung gegen Trump voran
Die Fallhöhe für die US-Demokraten bei ihrem Versuch, Donald Trump des Amtes zu entheben, ist enorm. Aber die Vorwürfe gegen den Präsidenten wiegen ihrer Ansicht nach zu schwer. Nun sollen weitere Beweise gesammelt werden. Der US-Präsident sieht sich als Opfer.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach einer turbulenten Woche in der Affäre um möglichen Machtmissbrauch des US-Präsidenten ist Donald Trump wieder in den Angriffsmodus übergegangen.
Die Ukraine-Affäre und der Vorstoss der Demokraten, ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn anzustrengen, seien der «grösste Betrug in der Geschichte der amerikanischen Politik», sagte Trump in einer am Samstag (Ortszeit) auf Twitter veröffentlichten Video-Botschaft. «Es ist alles sehr einfach: Sie versuchen, mich zu stoppen, weil ich für euch kämpfe. Und ich werde das niemals zulassen.»
Die Demokraten im Repräsentantenhaus bereiten ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Trump vor. Die dafür nötigen Untersuchungen nehmen Form an: Die Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses sowie des Geheimdienst- und des Kontrollausschusses luden insgesamt fünf Diplomaten des Aussenministeriums vor - einige schon für kommende Woche. Darunter ist auch der bisherige Sondergesandte für die Ukraine, Kurt Volker. Dieser ist nach übereinstimmenden Medienberichten im Zuge der Affäre zurückgetreten.
Trump wird vorgeworfen, die Macht seines Amtes genutzt zu haben, um zu erreichen, dass sich ein anderes Land zu seinen Gunsten in die US-Wahl 2020 einmischt. Im Zentrum der Vorwürfe steht ein Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Trump ermunterte seinen Amtskollegen zu Ermittlungen, die seinem politischen Rivalen Joe Biden schaden könnten.
«Was der Präsident getan hat, hat einen so ungeheuerlichen Charakter», sagte der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Adam Schiff, am Sonntag dem Fernsehsender NBC. «Ich denke ganz sicher, dass es die Schwere der Situation erfordert, dass wir die Untersuchung vorantreiben.» Trump glaube offensichtlich, machen zu können, was er wolle. «Das ist einfach zu gefährlich.»
Die drei Ausschüsse untersuchten, «in welchem Ausmass Präsident Trump die nationale Sicherheit gefährdet hat, indem er die Ukraine dazu drängte, sich in unsere Wahlen 2020 einzumischen», hiess es am Freitag in Schreiben an Aussenminister Mike Pompeo. Der Minister wurde unter Strafandrohung bis kommenden Freitag zur Vorlage von Dokumenten aufgefordert. Zwei Fristen habe er bereits verstreichen lassen.
Die Vorwürfe der US-Demokraten stützen sich auf die Beschwerde eines anonymen Geheimdienstmitarbeiters. Er will Informationen mehrerer Regierungsmitarbeiter erhalten haben, wonach der US-Präsident «die Macht seines Amtes nutzt», damit sich ein anderes Land zu seinen Gunsten in die US-Wahl 2020 einmischt. Trump weist die Vorwürfe zurück und äussert Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Hinweisgebers, der dem Weissen Haus zudem Vertuschung vorwirft.
Von dem Telefonat mit Selenksyj gibt es ein Protokoll, allerdings nicht im vollen Wortlaut. Dem zufolge sagte Trump seinem Kollegen, er werde seinen Anwalt Rudy Giuliani und US-Justizminister William Barr beauftragen, sich in Sachen Biden bei ihm zu melden.
Biden liegt im Rennen um die demokratische Präsidentschaftskandidatur für die Wahl 2020 vorne. Trump wirft Biden vor, sich als Vize-Präsident um die Entlassung eines Staatsanwalts bemüht zu haben, um seinen Sohn Hunter Biden vor der ukrainischen Justiz zu schützen. Hunter Biden war für einen Gaskonzern in dem Land tätig, gegen den zwischenzeitlich wegen angeblich krummer Geschäfte ermittelt wurde. Biden weist die Vorwürfe zurück.
Trumps Anwalt Giuliani zeigte sich bereit, vor dem Geheimdienstausschuss auszusagen - unter der Voraussetzung, dass Trump das wolle, sagte er am Sonntag ABC News. Er sei Anwalt. «Ich muss von meinem Mandanten geleitet werden», sagte Giuliani. Giuliani kommt eine zentrale Rolle in der Affäre zu - er wurde sowohl im Telefonat als auch in der Beschwerde mehrfach genannt.
Bei dem Hinweisgeber in der Ukraine-Affäre soll es sich laut «New York Times» um einen Mitarbeiter des Auslandsgeheimdienstes CIA handeln. Er hatte angegeben, bei den meisten von ihm beanstandeten Vorgängen kein direkter Zeuge gewesen zu sein, aber übereinstimmende und glaubwürdige Informationen verschiedener Regierungsmitarbeiter dazu bekommen zu haben. Trumps Berater Stephen Miller diskreditierte den Whistleblower bei Fox News: «Das ist schlicht und einfach ein Deep-State-Agent.» Mit «deep state» ist eine angebliche im Verborgenen wirkende Macht von Bürokraten, Geheimdiensten und Militär gemeint.
US-Medienberichten zufolge unterstützen mittlerweile mehr als 220 Demokraten in der Kammer die Untersuchungen. Reichen würden schon 218 Stimmen in der Kammer, um ein «Impeachment» anzustrengen. Die Entscheidung über eine tatsächliche Amtsenthebung träfe aber der Senat, wo Trumps Republikaner die Mehrheit haben. Die Aussichten auf Erfolg eines solchen Verfahrens sind daher gering. Bisher wurde noch kein US-Präsident so des Amtes enthoben.
Aus russischer Sicht hat die Affäre schon jetzt Konsequenzen für die Beziehung zwischen den zwei Ländern. Die Veröffentlichung der Inhalte des Telefonats mit Selenskyj zeigt nach Ansicht der Sprecherin des russischen Aussenministeriums, Maria Sacharowa, wie gefährlich es sei, Gespräche mit Washington zu führen. So etwas wirke sich sehr negativ aus, sagte sie am Sonntag der Agentur Tass zufolge.