US-Gesetz zu verfolgten Uiguren empört Peking
Neuer Ärger zwischen den USA und China: Auf die Unterstützung der Demokratiebewegung in Hongkong folgt jetzt ein US-Gesetzesvorhaben zum Schutz der Uiguren in China. Peking droht mit Gegenmassnahmen.
Das Wichtigste in Kürze
- Neuer Ärger zwischen den USA und China: Fast einstimmig hat das US-Abgeordnetenhaus ein gesetzliches Vorhaben zum Schutz der Uiguren im Nordwesten Chinas beschlossen.
Es soll Sanktionen gegen chinesische Regierungsvertreter ermöglichen, die für die Unterdrückung der muslimischen Volksgruppe verantwortlich gemacht werden. Auch in Deutschland wird der Ruf nach Strafmassnahmen lauter: Die Grünen fordern, dass auch die Bundesregierung ähnliche Strafmassnahmen gegen chinesische Politiker erlässt.
Die Gesetzespläne im US-Kongress belasten die ohnehin frostigen Beziehungen zwischen den USA und China noch zusätzlich. Aus Protest bestellte das Pekinger Aussenministerium umgehend den Geschäftsträger der US-Botschaft ein. Vizeaussenminister Qin Gang sagte ihm, die USA sollten ihren «Fehler korrigieren» und aufhören, sich in innere Angelegenheiten Chinas einzumischen. Er drohte mit nicht näher beschriebenen Gegenmassnahmen.
Das Gesetzesvorhaben folgt nur zwei Wochen auf eine «Menschenrechts- und Demokratieverordnung» zu Hongkong, mit der sich der US-Kongress hinter die demokratischen Kräfte in Chinas Sonderverwaltungsregion gestellt hatte. US-Präsident Donald Trump unterzeichnete das Gesetz. Es wird erwartet, dass die gegenwärtigen Spannungen auch die geplante erste Vereinbarung in dem seit einem Jahr laufenden Handelskrieg zwischen den beiden grössten Volkswirtschaften erschweren werden.
Der Gesetzentwurf zur Unterstützung der Uiguren, der am Dienstagabend Ortszeit in Washington mit nur einer Gegenstimme angenommen wurde, fordert die US-Regierung auch auf, Behörden und Firmen, die für die Internierung oder Zwangsarbeit von Uiguren verantwortlich sind, mit Sanktionen zu belegen. Verschiedene Stellen der US-Regierung werden verpflichtet, dem Parlament regelmässige Fortschrittsberichte zur Lage der Uiguren in Chinas nordwestlicher Region Xinjiang zu übermitteln.
Wenn es nach den Grünen ginge, sollte auch Deutschland ähnliche Sanktionen gegen verantwortliche chinesische Funktionäre verhängen. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt zeigte sich bei einem Besuch in Peking vor Journalisten überzeugt, dass sich mit solchen persönlichen Strafmassnahmen wie dem Einfrieren von Konten oder Reisebeschränkungen für chinesische Politiker durchaus etwas erreichen lasse. Das habe sich schon am Beispiel Russlands gezeigt.
Aus Rücksicht auf Peking hat die Bundesregierung solche Sanktionen aber bislang nicht ins Auge gefasst. «Ich sehe im Moment auch nicht, dass es in naher Zukunft getan wird», verlautete aus Berliner Regierungskreisen. Das Verhältnis zwischen Deutschland und China ist ohnehin schon unterkühlt, seit Aussenminister Heiko Maas im September den prodemokratischen Hongkonger Aktivisten Joshua Wong am Rande einer Veranstaltung in Berlin getroffen hatte.
Wie die anhaltenden Proteste in Hongkong belastet auch Chinas Umgang mit den Uiguren das Verhältnis zu anderen Ländern. Nach offiziell unbestätigten Schätzungen sind Hunderttausende in Umerziehungslager gesteckt worden, die China aber nur als Fortbildungszentren beschreibt. Die ethnisch mit den Türken verwandten Uiguren fühlen sich von den herrschenden Han-Chinesen unterdrückt. Nach ihrer Machtübernahme 1949 in Peking hatten die Kommunisten das frühere Ostturkestan der Volksrepublik einverleibt. Peking wirft uigurischen Gruppen heute Terrorismus und Separatismus vor.
Schon im September hatte der US-Senat einstimmig einen ähnlichen Gesetzestext zum Schutz der Uiguren wie jetzt das Abgeordnetenhaus verabschiedet. Der Senat muss sich nun noch einmal mit der Fassung des Repräsentantenhauses befassen, bevor das Gesetz zur Unterschrift an den US-Präsidenten geschickt werden kann. Trump könnte sein Veto einlegen, doch droht ihm dann, wegen der parteiübergreifenden Zustimmung mit Zweidrittelmehrheit im Kongress überstimmt zu werden.
Nach dem Votum im Abgeordnetenhaus zeigte sich Pekings Aussenamtssprecherin empört. Die Pläne verunglimpften Chinas Bemühungen im Kampf gegen Terrorismus. In Xinjiang gehe es nicht um Menschenrechte oder Religion, sondern um den Kampf gegen Terrorismus und Separatismus. Die Pläne enthüllten weiter, dass die USA im Kampf gegen Terrorismus «zweierlei Mass» anlegten. Das chinesische Volk sehe «die Heuchelei und die bösen Absichten» der US-Seite nur noch klarer.
Die Sprecherin des US-Abgeordnetenhauses, Nancy Pelosi, hatte Peking zuvor in einer Rede «barbarische Taten» vorgeworfen. Die Uiguren und andere muslimische Minderheiten litten unter «brutaler Repression» und allgegenwärtiger Massenüberwachung. Pelosi sprach von der Inhaftierung von «einer bis drei Millionen unschuldiger Menschen» und prangerte Schläge, Einzelhaft, Verweigerung von Nahrung oder medizinischer Versorgung, Zwangssterilisierung und andere Formen von Folter an. Wie viele Menschen tatsächlich in den Lagern festsitzen, ist unklar. Menschenrechtsgruppen schätzen bis zu einer Million.
Pelosi erwähnte auch «Zwischenfälle von Massenerschiessungen und aussergerichtlichen Tötungen». «Wir schicken eine Botschaft an Peking: Amerika schaut zu und wird nicht schweigen.» Die Menschenrechtsverletzungen Pekings gingen über die Gruppe der Uiguren hinaus, sagte die hohe US-Politikerin. Sie reichten von der jahrzehntelangen Misshandlung der Tibeter bis zu Hongkongs Kampf für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und der Inhaftierung von Journalisten, Bürgerrechtsanwälten sowie christlichen und demokratischen Aktivisten in China.