Brasiliens Präsident kritisiert Gericht für Homophobie-Entscheidung

Brasiliens Staatschef Jair Bolsonaro hat die Entscheidung des Obersten Gerichts des Landes scharf kritisiert, das Anfeindungen gegen Homo- und Transsexuellen als Straftat eingestuft hat.

Die Situation der Awá-Indianer und anderen Stämmen hat sich laut indigenen Gruppierungen unter Brasiliens Staatschef Jair Bolsonaro verschärft. - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Oberstes Gericht stuft Anfeindungen gegen Homosexuelle als Straftat ein.

Damit habe das Gericht seine Befugnisse überschritten und sich in die Gesetzgebung eingemischt, sagte Bolsonaro am Freitag. Zudem schade die Entscheidung Homosexuellen: Unternehmen würden es sich aus Angst, der Homophobie beschuldigt zu werden, «zweimal überlegen», ob sie Homosexuelle einstellten.

Der rechtsradikale Staatschef Bolsonaro war in der Vergangenheit immer wieder mit schwulenfeindlichen Äusserungen aufgefallen. Unter anderem hatte er erklärt, es wäre ihm lieber, sein Sohn wäre tot als schwul.

Das Oberste Gericht Brasiliens hatte Homophobie am Donnerstag offiziell als Verbrechen eingestuft. Acht von elf Richtern sprachen sich dafür aus, Anfeindungen gegenüber Homo- und Transsexuellen genau wie rassistische Verbrechen künftig als Straftat zu werten. Rassistische Straftaten können in Brasilien mit Haftstrafen von bis zu drei Jahren oder Geldstrafen bestraft werden.

Das brasilianische Parlament debattierte schon länger über einen Gesetzentwurf zu Homophobie. Momentan gibt es im Parlament aber eine konservative Mehrheit und viele Abgeordnete gehören evangelikalen Kirchen an, die grossen Einfluss haben.

Weil das Parlament bisher kein Gesetz verabschiedet hat, schaltete sich der Oberste Gerichtshof in die Debatte ein. Die drei Richter, die gegen die Entscheidung stimmten, sind ebenfalls der Auffassung, dass das Gericht dazu kein Recht hatte.

Bolsonaro sprach sich am Freitag dafür aus, einen evangelikalen Richter an das Oberste Gericht zu berufen. «Wir brauchen ein Gleichgewicht (am Gericht). Es geht nicht darum, Politik und Religion zu vermischen», sagte er nach Angaben der Nachrichten-Website G1. Bis zum Ende von Bolsonaros Amtszeit im Jahr 2022 werden zwei Richterstellen am Obersten Gerichtshof frei.

In Brasilien hatten Anfeindungen gegen Schwule, Lesben und Transsexuelle in den vergangenen Jahren zugenommen. Nach Angaben der Organisation Grupo Gay de Bahia, die seit vier Jahrzehnten Statistiken erstellt, gab es in Brasilien allein im Jahr 2017 bei 387 Tötungsdelikten und 58 Suiziden einen homophoben Hintergrund. Das war ein Anstieg um 30 Prozent im Vergleich zu 2016.