Earth Overshoot Day – ab hier beginnt der ökologische Kredit

Dieses Jahr verzögerte sich der Earth Overshoot Day wegen der Corona-Pandemie um drei Wochen. Ab heute ist jedoch Schluss mit den Ressourcen der Erde.

Seit über 50 Jahren wird Ende April der «Earth day» zelebriert. (Symbolbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Am 22. August sind die natürlich nachwachsenden Rohstoffe für dieses Jahr aufgebraucht.
  • Der Erdüberlastungstag war eigentlich auf Juli prognostiziert worden.
  • Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft geschwächt und das Datum nach Hinten verschoben.

Die Menschheit strapaziert die Belastungsgrenzen der Erde immer mehr. Am Samstag hat sie laut Berechnungen von Forschern bereits sämtliche Ressourcen aufgebraucht. Das gilt zumindest für diese Rohstoffe, die der Planet in diesem Jahr auf natürlichem Wege ersetzen könnte.

Allerdings machte sich die globale Corona-Krise bemerkbar. Ohne den Einbruch von Wirtschaft und öffentlichem Leben wäre der sogenannte Erdüberlastungs- oder Welterschöpfungstags dieses Jahr schon auf den 22. Juli gefallen. Nun wurde der Earth Overshoot Day nach hinten verschoben.

Was passiert am Earth Overshoot Day?

Experten berechnen, ab wann die Menschheit mehr Ressourcen in Anspruch nimmt, als ökologischen Kreisläufe binnen einem Jahr regenerieren können. Das dahinter stehende Konzept nennt sich ökologischer Fussabdruck. Der Tag, an dem der menschliche Verbrauch die Pufferkapazitäten der Erde übertrifft, heisst Erdüberlastungstag oder auf Englisch Earth Overshoot Day.

Wie wird die Überlastung berechnet?

Die Idee ist, natürliche Bereitstellungskapazitäten der Erde und den Ressourcenverbrauch der Menschheit nach dem Vorbild eines unternehmerischen «Buchhaltungssystems» zu erfassen. Es soll eine belastbare Aussage darüber getroffen werden, wann unser «Konto» nicht mehr gedeckt ist. Dabei wird in einem komplexen Verfahren die Produktivität eines standardisierten sogenannten globalen Hektars ermittelt. Diese wird in Beziehung zur Nachfrage gesetzt.

Nicht alles was wir verbrauchen, wächst zu gleichen Teilen wieder nach. Am Earth Overshoot Day sind die natürlichen Ressourcen für das laufende Jahr aufgebraucht. (Symbolbild) - Keystone

Zusätzlich wird die Methode für einzelne Länder berechnet, weil deren Ressourcenverbrauch stark variiert. Betrachtet wird dabei immer auf der einen Seite, wie viele biologisch aktiven Flächen zur Verfügung stehen. Dann wird gegengerechnet, wie viel Platz die Menschheit zur Erzeugung ihrer Nahrung, für Siedlungen und wirtschaftliche Aktivitäten in Anspruch nehmen.

Beachtet wird aber auch das von der Menschheit erzeugte Treibhausgas CO2. Hier wird berechnet, wie viel Fläche benötigt würde, um das Gas auf natürliche Weise in Wäldern zu binden. Das ist letztlich ein mitentscheidender Faktor. Laut der Organisation Global Footprint Network (GFN) entfallen rund 60 Prozent des ökologischen Fussabdrucks der Menschheit allein auf Treibhausgase.

Wie ernst ist die Lage?

Der Earth Overshoot Day verlagerte sich in den vergangenen 20 Jahren nahezu kontinuierlich weiter nach vorn. Das heisst, der Bedarf der Menschheit übersteigt die Kapazitäten der Erde immer mehr.

Im Jahr 2000 fiel das Datum noch auf den 23. September, 2009 auf den 18. August und im vergangenen Jahr bereits auf den 29. Juli.

In diesem Jahr sorgen die Folgen von Corona-Pandemie und Lockdown für einen Sondereffekt: Das eigentlich bereits für den 22. Juli erwartete symbolträchtige Datum verzögert sich bis zum 22. August.

Corona verdanken wir eine Verlagerung des Earth Overshoot Day um drei Wochen. Die Tendenz bleibt aber gleich. - Keystone

Entwarnung bedeutet das allerdings nicht. Laut GFN beansprucht die Menschheit die natürlichen Puffer der Erde so, als wenn ihr 1,6 Planeten zur Verfügung stünden. Anders ausgedrückt brauchen wir mehr als eine halbe zusätzliche Erde. Allein für die eigene Nahrungsmittelversorgung beansprucht sie demnach bereits mehr als die Hälfte der gesamten irdischen Biokapazität.

Ein Leben auf «pump»

Die Folge dieser ständigen Überlastung der globalen Puffer- und Regenerationsfähigkeiten führt den Umweltschützern zufolge etwa zu Entwaldung, Bodenerosion und Klimawandel. Da dadurch immer mehr biologisch nutzbare Fläche zerstört wird, lebt die Menschheit nach Art eines betrügerischen Schneeballsystems quasi auf Kredit. GFN ist überzeugt, dass das nicht dauerhaft gut geht.