Grossübung der chinesischen Polizei schürt Ängste in Hongkong

Eine grossangelegte Übung der chinesischen Polizei an der Grenze zu Hongkong hat Ängste vor einem Vorgehen Pekings gegen die Demokratie-Bewegung in der Sonderverwaltungszone geschürt.

Polizei-Übung in Shenzhen - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Anwälte bekunden bei Schweigemarsch Solidarität mit Demokratie-Bewegung .

12.000 Einsatzkräfte nahmen an der Übung am Dienstag in Shenzhen teil, wie die Polizei der südchinesischen Stadt mitteilte. In Hongkong bekundeten derweil hunderte Anwälte mit einem Schweigemarsch am Mittwoch ihre Solidarität mit den Demonstranten. Am Abend versammelten sich hunderte Regierungskritiker zu einer «Lasershow».

Offiziell fand die Übung der Bereitschaftspolizei mit Blick auf die Feierlichkeiten zum 70. Gründungsjubiläum der chinesischen Volksrepublik im Oktober statt. Allerdings ist auf Videoaufnahmen zu sehen, wie die Einsatzkräfte mit Masken und Helmen ausgestattete «Demonstranten» niederringen - eine Ausstattung, wie sie die Demonstranten in Hongkong tragen. «Alle Einsatzkräfte in Shenzhen sind jederzeit bereit!», teilte die Polizei im Internet mit.

Vergangene Woche hatte China der Demokratie-Bewegung bereits in einem Propaganda-Video der Volksbefreiungsarmee gedroht. Das Militär warnte, es habe alle «Einsatzmöglichkeiten», um die Sicherheit in Hongkong sowie Chinas «nationale Souveränität» aufrechtzuerhalten. Die chinesische Polizei darf in der Sonderverwaltungszone eigentlich nicht eingreifen. Allerdings kann die Zentralregierung die Hongkonger Gesetze im Falle eines «Kriegszustands» oder «Aufruhrs», der «die nationale Sicherheit oder Einheit gefährdet», ausser Kraft setzen.

Der chinesische Künstler und Dissident Ai Weiwei warnte in einem Interview der Deutschen Welle vor einer Niederschlagung der Proteste. Derzeit «bluffe» Peking noch, sagte Ai. Es sei aber nicht auszuschliessen, dass die chinesische Regierung in Hongkong gewaltsam eingreife.

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte, die Bundesregierung beobachte die Lage «mit grosser Sorge». Sie rief alle Beteiligten zu einem «friedlichen und konstruktiv geführten Dialog» auf, «damit die Lage nicht weiter eskaliert». Die Grundrechte der Bevölkerung, darunter das «Recht auf friedliche Demonstration und freie Meinungsäusserung», dürften nicht eingeschränkt werden.

In Hongkong wurden die Proteste derweil fortgesetzt. Am Mittwoch marschierten hunderte schwarzgekleidete Anwälte schweigend vom höchsten Gericht der Metropole zum Sitz des Justizministers. Es war seit Anfang Juni bereits der zweite Protestzug der Juristen, die sich normalerweise nicht an Demonstrationen beteiligen. Sie unterstützten die Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung des Vorgehens der Polizei gegen die Protestbewegung.

Zudem protestierten sie gegen die ihrer Ansicht nach politisch motivierte Strafverfolgung durch das Justizministerium. Die Hongkonger Polizei hat bislang mehr als 500 Demonstranten festgenommen. Dutzende wurden wegen Randalen angeklagt. Im Falle einer Verurteilung drohen ihnen bis zu zehn Jahre Haft. Nach einer Attacke auf regierungskritische Demonstranten vergangenen Monat, bei der 45 Menschen verletzt worden waren, wurden hingegen nur 19 Männer festgenommen. Ihnen wird zudem nur eine unrechtmässige Versammlung vorgeworfen.

Das Justizministerium wies die Vorwürfe zurück. Welche Fälle strafrechtlich verfolgt werden, werde «objektiv und professionell» entschieden, teilte es mit. Es werde kein Unterschied «aufgrund der politischen Überzeugung oder des Hintergrunds» einer Person gemacht.

Am Mittwochabend versammelten sich hunderte Demonstranten in Hongkong zu einer Kundgebung der anderen Art: Mit Laserpointern erleuchteten sie die Fassade eines Museums am Hafen. Das farbenfrohe Spektakel hat einen ernsten Hintergrund, denn bei den seit zwei Monaten anhaltenden Protesten setzen sowohl Demonstranten als auch die Polizei Laserpointer ein.

Am Dienstag war ein Student festgenommen worden, weil er zehn Laserpointer bei sich trug. Die Teilnehmer der «Lasershow» wehrten sich gegen die Einstufung der Geräte als «offensive Waffen». Sie dienten vielmehr dazu, sich während der Kundgebungen zu verteidigen, sagte einer der Demonstranten.

Die Proteste in Hongkong waren ursprünglich durch ein - später zurückgezogenes - Auslieferungsgesetz ausgelöst worden, das die Überstellung von Verdächtigen an Festland-China erlaubt hätte. Die Proteste weiteten sich danach zu einer Bewegung gegen den wachsenden Einfluss Pekings in Hongkong aus.