Joshua Wong muss mehr als ein Jahr ins Gefängnis
Bereits zum dritten Mal muss der erst 24 Jahre alte Hongkonger Demokratie-Aktivist Joshua Wong hinter Gitter. Kritiker sehen in dem harten Urteil die Handschrift der chinesischen Führung.
Das Wichtigste in Kürze
- Der prominente Hongkonger Demokratie-Aktivist Joshua Wong und zwei seiner Mitstreiter sind für das Organisieren eines Protests zu Gefängnisstrafen verurteilt worden.
Ein Hongkonger Gericht verurteilte Wong am Mittwoch zu einer Haftstrafe von 13,5 Monaten. Die ebenfalls bekannten Aktivisten Agnes Chow und Ivan Lam müssen für zehn beziehungsweise sieben Monate ins Gefängnis.
Die drei Aktivisten hatten zuvor gestanden, im Juni des Vorjahres, als es in Hongkong beinahe tägliche Proteste gegen die Regierung gab, an der Organisation einer nicht genehmigten Versammlung vor dem Hongkonger Polizeipräsidium mitgewirkt beziehungsweise andere zur Teilnahme angestiftet zu haben. Tausende Demonstranten hatten das Präsidium für Stunden umstellt.
Die Bundesregierung kritisierte die Verurteilung. Es sei «ein weiterer Baustein in einer Reihe von besorgniserregenden Entwicklungen», erklärte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts. Ein Vertreter des deutschen Generalkonsulats in Hongkong nahm als Beobachter an dem Prozess teil.
Für Wong ist es bereits die dritte Gefängnisstrafe, seit er sich in Hongkong für die Demokratiebewegung engagiert. Der 24-Jährige hatte bereits als Teenager Proteste organisiert. Nach den «Regenschirm-Protesten» für mehr Demokratie von 2014 musste er zweimal mehrere Monate in Haft verbringen.
Im vergangenen Jahr brachen dann noch deutlich grössere Proteste gegen den zunehmenden Einfluss Pekings aus. China verabschiedete daraufhin Ende Juni ein umstrittenes Sicherheitsgesetz für Hongkong. Es richtet sich gegen Aktivitäten, die China als subversiv, separatistisch oder terroristisch ansieht. Es ist der bisher weitestgehende Eingriff in Hongkongs Autonomie und gibt Chinas Staatssicherheit weitreichende Vollmachten.
Nach der Verurteilung veröffentlichte Wong über seinen Anwalt eine Erklärung auf Twitter. «Es ist nicht das Ende des Kampfes», sagte Wong demnach. Er werde die Schlacht gemeinsam mit vielen anderen Demonstranten weniger sichtbar aus dem Gefägnis fortsetzen.
Mit der nun verhängten Gefängnisstrafe hatte Wong, der bereits die vergangenen Tage in Untersuchungshaft verbringen musste, im Vorfeld gerechnet. Nach einem Brief, den der Aktivist am Dienstag auf seiner Facebook-Seite veröffentlichen liess, musste er nach seiner Einweisung in die Untersuchungshaft die Tage in einer Einzelzelle bei ständig eingeschaltetem Licht verbringen. Er habe seinen Mundschutz über die Augen ziehen müssen, um schlafen zu können.
Er fühle sich angesichts der Unsicherheiten «unwohl und ängstlich», schrieb Wong weiter. Er hoffe aber, die Schmerzen und Leiden, denen er im Gefängnis begegne, in Kraft verwandeln zu können. «Ich weiss, dass es niemals einfach sein wird, aber ich werde mein Bestes geben.» Er forderte seine Anhänger dazu auf, weiter zu kämpfen.
«Schon die Schikanen, die Joshua Wong während seiner Untersuchungshaft ertragen musste, zeigen endgültig, dass in Hongkong in Sachen Menschenrechtsschutz und Rechtsstaatlichkeit rabenschwarze Zeiten angebrochen sind», kritisierte die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestages, Gyde Jensen (FDP), nach Verkündung des Urteils. Die Haftstrafen, zu denen Wong und seine Mitstreiter verurteilt wurden, trügen auch die Handschrift des chinesischen Präsidenten Xi Jinping.
Dass das Strafmass nicht voll ausgeschöpft wurde, sei eher als taktisches Manöver denn als Zeichen für verbliebene Rechtsstaatlichkeit zu werten, so Jensen weiter. Bei dem Prozess habe es sich um einen «politischen Symbolakt» gehandelt, auf den aus dem Ausland eine politische Reaktion folgen müsse. Jensen forderte die Bundesregierung und die EU zu Konsequenzen auf. Den Demokratie-Aktivisten hatten bis zu fünf Jahre Haft gedroht.
Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen bezeichnete die Verurteilten als «Symbole der Freiheit und Demokratie in Hongkong. Jetzt gelte es, nicht die Hoffnung zu verlieren, denn das demokratische Taiwan stehe an der Seite Hongkongs für die demokratischen Werte, twitterte sie.
Theresa Bergmann von Amnesty International wertete das Urteil als «politisch motiviert». Es solle die Botschaft senden: «Jede Person, die es wagt, die Regierung offen zu kritisieren, kann die nächste verfolgte sein», erklärte sie. Die Urteile müssten schnell aufgehoben werden. Die Grünen-Bundespolitiker Jürgen Trittin und Margarete Bause sahen in dem Urteil «die politische Handschrift Chinas». In Hongkong stünden Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Justiz auf dem Spiel. «EU-Kommission und Bundesregierung müssen unmissverständlich klar machen, dass Chinas Aushebeln des Prinzips «Ein Land, zwei Systeme» Konsequenzen hat», forderten sie. Dafür sei das EU-Investitionsabkommen mit China der wichtigste Hebel.
Scharfe Kritik an dem Urteil äusserte auch Frank Schwabe, menschenrechtspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Das Urteil gegen die drei Aktivisten sei «empörend», so Schwabe: «Wieder einmal zeigt die Hongkong-Justiz, wie sehr sie unter dem Einfluss von Peking steht.»