Libyens zweite Regierung vereidigt

Inmitten der erneut wachsenden Spaltung Libyens ist die umstrittene zweite Regierung im Osten des Landes vereidigt worden.

Fathi Bashagha wurde von Gesetzgebern im Osten das Recht zugesprochen, den amtierenden Staatschef Abdul Hamid Dbaiba zu ersetzen. Die Regierung in Tripolis erkennt das nicht an. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In Libyen ist im Osten des Landes die umstrittene zweite Regierung vereidigt worden.
  • Es soll Versuche von der Gegenregierung in Tripolis gegeben haben, dies zu verhindern.
  • Unter anderem wurde der Luftraum gesperrt und mehrere Minister von Milizen entführt.

Mehrere Mitglieder des Kabinetts von Ex-Innenminister Fathi Baschaga legten am Donnerstag in Tobruk bei einer im Fernsehen übertragenen Sitzung den Amtseid ab.

Unterdessen gab es Berichte über Versuche, diese zu blockieren. Milizen sollen drei Minister entführt haben. Zudem wurde ihnen die Anreise durch eine Schliessung des Luftraums und die Sperrung einer wichtigen Schnellstrasse erschwert.

Libyen wieder offiziell gespalten

Mit der Wahl der umstrittenen Gegenregierung ist das Bürgerkriegsland auch offiziell wieder gespalten. In der westlich gelegenen Hauptstadt Tripolis sitzt eigentlich die Regierung von Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba, die Baschagas neue Regierung im Osten nicht anerkennen will. Das Parlament hatte Baschaga zum Regierungschef gewählt, obwohl Dbaiba dieses Amt besetzt. Er will den Posten erst räumen, wenn eine landesweite Wahl, die im Dezember geplatzt war, nachgeholt wird.

Kämpfer der international anerkannten Einheitsregierung nehmen an Kämpfen zwischen rivalisierenden Milizen im südlichen Tripolis teil. - dpa

15 von insgesamt 38 Ministern erschienen laut Baschaga nicht zur Vereidigung. Bewaffnete Milizen hätten die Minister für Auswärtiges, Kultur sowie Bildung entführt. «Wir fordern ihre Freilassung», sagte Baschaga im Parlament. «Einige wollen uns in Machtkämpfe ziehen, aber wir werden keinen Tropfen Blut vergiessen», sagte Baschaga. Sein Ziel sei, auch in Tripolis an die Macht zu kommen.

Gaddafis langer Schatten

Der Machtkampf war in Libyen nach dem Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi 2011 ausgebrochen. Seit Oktober 2020 gilt eine landesweite Waffenruhe. Seitdem kam es vereinzelt aber wieder zu Gefechten.

Libyens ehemaliger Diktator Muammar Gaddafi bei einer Rede vor dem Volk in Benghazi, Libyen. - Keystone

UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich besorgt über die Entwicklung der vergangenen Tage. Die üblichen Standards für Transparenz seien bei der Sitzung im Parlament laut Berichten nicht eingehalten worden, teilte sein Sprecher mit. Teilnehmer seien vorab eingeschüchtert worden. Die Libyer müssten ihre Regierung durch freie Wahlen bestimmen. Die Vereinten Nationen wollen die Wahl möglichst bis Juni nachholen.