Mohammed bin Salamans Ansehen ist nach Khashoggi beschädigt

Noch vor kurzem wurde Saudi-Arabiens Kronprinz für seine Pläne zur Modernisierung gelobt. Der Fall Khashoggi warf ihn nun zurück.

Der saudische Kronzprinz hat ein Imageproblem. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Fall um Khashoggi rückte Saudi-Arabien und dessen Kronprinz in ein schlechtes Licht.
  • Dass Salman jedoch zurücktreten muss, gilt als äusserst unwahrscheinlich.

«Im aktuellen Klima gelten Saudi-Arabien, seine Regierung und der Kronprinz als radioaktiv», sagt Hussein Ibish vom Arab Gulf States Institut in Washington. «Es ist offen, wie lange das anhält, doch derzeit wird Saudi-Arabien, wenn nicht direkt als Paria, international doch als befleckter Staat gesehen.» So hat selbst Saudi-Arabiens wichtigster Verbündeter, US-Präsident Donald Trump, scharfe Kritik am Vorgehen Riads in dem Fall geäussert. Auslöser war der Fall um Jamal Khashoggi. das Ansehen des Kronprinzen Mohammed bin Salman sei ernsthaft beschädigt.

Das Königreich hatte nach dem Verschwinden Khashoggis am 2. Oktober zunächst behauptet, der Journalist habe das Konsulat in Istanbul lebend verlassen. Unter internationalen Druck gestand Riad dann ein, dass der Regierungskritiker im Konsulat zu Tode gekommen sei, stellte dies aber als Folge eines Streits dar. Da diese Darstellung auf Skepsis traf, gab Saudi-Arabien schliesslich zu, dass er vorsätzlich getötet wurde, sprach aber von einer «nicht-autorisierten Operation».

«Politischer Mord»

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan spricht von einem «politischen Mord», der von höchster Ebene in Riad angeordnet und von einem aus Saudi-Arabien angereisten Killerkommando in allen Einzelheiten geplant wurde. Zwar vermied er bisher, dem Thronfolger direkt die Schuld für die Ermordung seines Kritikers zu geben. Doch veröffentlichen die türkischen Medien laufend neue Details aus den Ermittlungen, die den 33-Jährigen ins Zwielicht rücken.

Als Riad im Oktober das Wirtschaftsforum Future Investment Initative organisierte, boykottierten zahlreiche westliche Firmen die Konferenz. Galt Prinz Mohammed noch vor wenigen Monaten als mutiger Reformer, der Frauen erstmals das Autofahren erlaubt und wieder Kinos im Königreich erlaubt, richten sich heute die Blicke auf die Einschränkung der Meinungsfreiheit, die Verfolgung der Opposition und die ungestüme Aussenpolitik des Thronfolgers.

Demonstranten halten ein Bild des saudiarabischen Journalisten Jamal Khashoggi hoch. - keystone

«Er ist geschwächt, Saudi-Arabien ist geschwächt», sagt Ibish. «Jede Kooperation oder Partnerschaft mit Saudi-Arabien, seiner Regierung und dem Kronprinzen bringt heute zusätzliche Kosten mit sich.» Insbesondere im Jemen-Krieg, wo die Militärintervention Saudi-Arabiens und seiner arabischen Verbündeten zu einer humanitären Katastrophe geführt hat, wächst der Druck auf Riad, einer Waffenruhe mit den Huthi-Rebellen zuzustimmen.

«Etwas passiert im Kreis der Herrscherfamilie»

Zuletzt gab es auch Gerüchte über Intrigen im Königshaus gegen den Thronfolger. Dass Prinz Ahmed bin Abdulasis Al Saud, der dem Thronfolger kritisch gegenübersteht, nach mehreren Monaten in London zurückkehrte, nährte diese Spekulationen. «Etwas passiert im inneren Kreis der Herrscherfamilie Al Saud, wie die Rückkehr von Prinz Ahmad aus London zeigt. Was genau, ist aber unklar», sagt Gregory Gause von der A&M University in Texas.

Wirklich gefährdet erscheint die Macht von Prinz Mohammed derzeit allerdings nicht. Nur König Salman könnte den Thronfolger absetzen, und bisher gibt es keine Anzeichen, dass er dies vorhat. Auch sein wichtigster ausländischer Verbündeter Trump hält an dem Prinzen fest und hat Forderungen zurückgewiesen, die Rüstungsexporte an Riad zu stoppen. Schliesslich braucht er den ölreichen Wüstenstaat, um dessen regionalen Rivalen Iran einzudämmen.

Der Forscher Yezid Sayigh vom Carnegie Middle East Centre in Beirut glaubt, dass nicht einmal ein direkter Beweis für die Schuld am Tod Khashoggis den Thronfolger seinen Posten kosten könnte. «Unter Druck geben autokratische Herrscher keine Macht ab, sondern verschärfen erst recht die Repression, was auch immer die Kosten sind», sagt Sayigh. «Mohammed bin Salman ist dafür in einer besseren Position als die meisten.»