Prokurdische Partei in Türkei sieht sich um Bürgermeisteramt betrogen

Die prokurdische Partei sieht sich nach der Kommunalwahl um das Bürgermeisteramt betrogen.

Anhänger der prokurdischen Demokratischen Volkspartei (HDP) während der Newroz-Feierlichkeiten zum Frühlingsbeginn (Archivbild). - Francisco Seco/AP/dpa

Die prokurdische Partei Dem sieht sich nach der Kommunalwahl in der Türkei um ein Bürgermeisteramt betrogen. Ihrem Kandidaten in der osttürkischen Provinz Van sei die Ernennungsurkunde verweigert worden, teilte die Partei am Dienstag mit. Stattdessen sei der zweitplatzierte Kandidat der AKP des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zum Bürgermeister ernannt worden.

Der DEM-Kandidat Abdullah Zeydan war am Sonntag mit 55 Prozent zum Bürgermeister der Provinz gewählt worden. Laut seiner Partei sei ihm auf Initiative des Justizministeriums wenige Tage vor der Wahl das Recht zur Kandidatur entzogen worden. Hintergrund sei, dass ein Gericht eine Entscheidung aus dem Jahr 2022 revidiert habe. Damals habe Zeydan nach einer Haftstrafe die Wiedererlangung aller bürgerlichen Rechte beantragt – auch die zur Kandidatur für ein politisches Amt. Das Gericht habe den Antrag damals genehmigt, nun aber nur zwei Tage vor der Wahl die eigene Entscheidung wieder zurückgezogen, ohne Zeydan darüber zu informieren.

Polizei mit Wafferwerfern und Tränengas

In Van gingen Medienberichten zufolge mehrere Menschen in Solidarität mit Zeydan auf die Strasse. Die Polizei setzte laut der Nachrichtenagentur DHA Wasserwerfer und Tränengas gegen sie ein.

Der wiedergewählte Istanbuler Bürgermeister von der grössten Oppositionspartei CHP, Ekrem Imamoglu, schrieb auf der Plattform X, vormals Twitter, die Entscheidung in Van sei inakzeptabel und eine Missachtung des Willens der Bürger.

Der Vorfall erinnert an Absetzungen prokurdischer Lokalpolitiker in der Vergangenheit: Bei den Kommunalwahlen 2019 hatte die prokurdische Partei unter dem Namen HDP 65 Bürgermeisterposten gewonnen – die Regierung in Ankara liess ein Grossteil der Politiker aber wegen Terrorvorwürfen des Amtes entheben und durch Zwangsverwalter ersetzten.

Die Dem vermutet zudem Wahlbetrug in mehreren Provinzen im Südosten der Türkei, in denen sie hinter der AKP landete. Sie will in Bitlis, Sirnak und Kars eine erneute Zählung der Wählerstimmen veranlassen.