Tausende Mitglieder von protestantischer Kirche in Seoul unter Quarantäne
Wegen eines Corona-Ausbruchs in der Hauptstadt Seoul sind in Südkorea tausende Mitglieder einer umstrittenen protestantischen Gemeinde unter Quarantäne gestellt worden.
Das Wichtigste in Kürze
- Regierung und umstrittene Gemeinde kritisieren einander wegen Umgangs mit Corona.
Bislang seien unter den Mitgliedern der Sarang-Jeil-Kirche 315 Corona-Fälle nachgewiesen worden, teilte das Gesundheitsministerium am Montag mit. Die daher erforderliche Isolation von rund 3400 Gläubigen werde allerdings durch eine «fehlerhafte» Mitgliederliste der Kirche erschwert.
Bisher sei jeder sechste vorgenommene Corona-Test in der Sarang-Jeil-Gemeinschaft positiv ausgefallen, erklärte Vize-Gesundheitsminister Kim Gang Lip. Nötig seien deshalb jetzt «schnelle Tests und Isolation». Die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, auch bei dem konservativen Pastor der Glaubensgemeinschaft, Jun Kwang Hun, sei eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus nachgewiesen worden.
Der Vize-Gesundheitsminister beklagte mangelnde Kooperation der umstrittenen Kirche. Wegen fehlender Daten zu Gemeinde-Mitgliedern sei die Durchsetzung der Tests sowie der Quarantäne «sehr schwierig», sagte Kim.
Pastor Jun ist eine Führungsfigur bei Protesten gegen Staatschef Moon Jae In. Er zählte zu den Rednern bei einer Kundgebung gegen die Mitte-links-Regierung am Wochenende im Zentrum von Seoul. Die Demonstration fand trotz des neuen Corona-Ausbruchs und Warnungen der Behörden vor grossen Menschenansammlungen statt.
Das südkoreanische Gesundheitsministerium und die Stadtverwaltung stellten jeweils Strafanzeige gegen Jun wegen absichtlicher Behinderung der Massnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Der Pastor hatte sich bereits im Februar mit einer Kundgebung gegen Moons Regierung einem Demonstrationsverbot widersetzt. Später wurde Jun wegen Verstosses gegen die Wahlgesetze festgenommen.
Zu der aktuellen Kritik der Regierung an Jun sagte ein Anwalt der Sarang-Jeil-Kirche, die Regierung wolle unter dem Deckmantel der Corona-Bekämpfung gegen unliebsame Kritiker vorgehen. Die Kirche habe den Behörden Angaben zu Mitgliedern übermittelt, die bis 15 Jahre zurückreichten, sagte Kang Yeon Jae vor Journalisten. «Diese landesweite Angst» vor der Corona-Pandemie sei «ein Trick, um Pastor Jun Kwang Hun festzunehmen», kritisierte der Anwalt.
Anfang des Monats war der Anführer der Sincheonji-Kirche, Lee Man Hee, festgenommen worden, weil er gegenüber den Gesundheitsbehörden falsche Angaben zu Mitgliedern und Zusammenkünften seiner Glaubensgemeinschaft gemacht haben soll. Die Shincheonji-Kirche stand im Februar mit mutmasslich mehr als 5000 Infizierten im Mittelpunkt des ersten grossen Corona-Ausbruchs in Südkorea.
Wegen nun wieder steigender Corona-Infektionen hatten die südkoreanischen Behörden am Wochenende religiöse Versammlungen in der Hauptstadt Seoul und in der Nachbarprovinz Gyeonggi verboten. Die Behörden rieten der dortigen Bevölkerung zudem von nicht notwendigen Reisen ab.
Am Montag meldeten die Behörden 197 Neuinfektionen binnen 24 Stunden, wodurch die Gesamtzahl der Corona-Fälle seit Beginn der Pandemie in dem Land auf mehr als 15.500 stieg. Südkorea hatte die erste Corona-Welle rasch unter Kontrolle bekommen und wurde mit seiner Strategie «nachverfolgen, testen, behandeln» zum weltweiten Vorbild.
Nun aber sprächen die Fallzahlen für ein «frühes Stadium eines grossen Ausbruchs», erklärte die Leiterin des südkoreanischen Zentrums für Seuchenkontrolle und -prävention, Jung Eun Kyeong. «Wenn der Ausbruch nicht jetzt sofort unter Kontrolle gebracht wird, wird die Zahl der bestätigten Fälle exponentiell wachsen», warnte die Expertin. Dies würde wiederum einen «Zusammenbruch des Gesundheitssystems und enormem wirtschaftlichem Schaden» verursachen.
Das südasiatische Indien überschritt derweil die Schwelle von 50.000 Corona-Toten. Laut der Website des Gesundheitsministeriums starben bislang 50.921 Menschen an den Folgen einer Coronavirus-Infektion, mehr als 2,6 Millionen seien infiziert. Das Land hat dem zufolge nach den USA, Brasilien und Mexiko die meisten Corona-Toten zu beklagen.
Viele Experten gehen allerdings davon aus, dass es in Indien eine hohe Dunkelziffer bei den Infektionen und Todesfällen gibt, da in dem zweitbevölkerungsreichsten Land der Erde wenig getestet wird. Derzeit breitet sich das Coronavirus insbesondere in Indiens ländlichen Gebieten aus.