Tunnel der Hisbollah reicht weit nach Israel
Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben mehrere «Angriffstunnel» der Schiiten-Miliz Hisbollah im Norden Israels entdeckt – und unbrauchbar gemacht.
Das Wichtigste in Kürze
- Vom libanesischen Dorf Ramia führt ein Tunnel meterweit auf israelisches Gebiet.
- Seit Ende des letzten Jahres wurden insgesamt sechs Angriffstunnel entdeckt.
- Diese werden nun mit Zement versiegelt.
Steile Steinstufen führen in die Tiefe. Kreisförmige Vertiefungen durchziehen die Wände. Sie zeugen von dem zylinderförmigen Bohrer, den die libanesische Schiiten-Miliz Hisbollah ins Gestein getrieben hat. Das sagt die israelische Armee.
Der Tunnel führt von dem libanesischen Dorf Ramia Dutzende Meter weit auf israelisches Gebiet. Er ist demnach der grösste von drei unterirdischen Gängen, die ins verfeindete Nachbarland gegraben wurden.
Tunnel für grossangelegten Zivilisten-Angriff
Nach Einschätzung der Armee wollte die Hisbollah mithilfe des Tunnels einen grossangelegten Angriff auf israelische Zivilisten starten. «Wir wollten der Welt beweisen, dass die Hisbollah Tunnel gräbt», sagt Armeesprecher Jonathan Conricus. «Wir haben Beton von der einen Seite reingepumpt, und er kam auf der anderen Seite raus.» Im grössten Tunnel ist jedoch nur die libanesische Seite mit Beton versiegelt.
Der unterirdische Gang verläuft 80 Meter tief in der Erde. Entlang der Tunnelwand befindet sich eine Art Transportband, um Güter zu bewegen. Nach Angaben der Armee gab es auch ein Belüftungssystem, das aber zerstört wurde. Ein Kommunikationssystem sei noch weitgehend intakt.
Sechs Angriffstunnel seit Ende des vergangenen Jahres
Israel hat nach eigenen Angaben seit Ende vergangenen Jahres insgesamt sechs Angriffstunnel aus dem Libanon im Grenzgebiet gefunden. Drei davon führten schon in israelisches Gebiet. Ende Mai zerstörte die Armee nach eigenen Angaben den letzten der Tunnel.
Die Hisbollah hatte die israelischen Vorwürfe zunächst zurückgewiesen. Später sagte Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah dem libanesischen Fernsehen: Einige der Tunnel seien bereits vor mehr als zehn Jahren gegraben worden. Die Tunnel seien nur ein kleiner Teil der Hisbollah-Strategie, Israel anzugreifen, falls es zu einem Krieg kommen sollte.
Versiegeln der Tunnel reicht nicht aus
Die Forscherin und Autorin Daphne Richemond-Barak befürchtet, dass das Versiegeln der Tunnel nicht ausreicht. Und dass die Versiegelung durchbrochen werden könnte.
«Ich mache mir Sorgen, was das für die nächsten zehn Jahre bedeutet», sagt sie. Israel könnte von der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen oder der Hisbollah überrascht werden. «Wir werden vermutlich mehr dieser Tunnel in den Golanhöhen sehen.» Die Golanhöhen sind ein von Israel besetztes syrisches Felsplateau.