WHO ruft wegen Coronavirus internationalen Gesundheitsnotstand aus
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat wegen der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus den internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen.
Das Wichtigste in Kürze
- Fünfter Infizierter aus Bayern gemeldet.
«Grösste Sorge» sei, dass sich das Virus auf Länder mit weniger gut ausgestatteten Gesundheitssystemen ausbreite, sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus am Donnerstag nach einer Krisensitzung in Genf. Entwarnung gab es für 7000 Menschen auf einem italienischen Kreuzfahrtschiff: Der Verdacht einer Virusinfektion bestätigte sich nicht. Aus Bayern wurde derweil ein fünfter Infektionsfall gemeldet.
Die WHO sehe trotz des Notstands «keinen Grund» für Reise- und Handelsbeschränkungen mit China, sagte der WHO-Direktor auf einer Pressekonferenz. «Die WHO empfiehlt keinerlei Einschränkungen, sondern lehnt sie sogar ab.» Die Entscheidung sei kein «Misstrauensvotum» gegen China.
Allen drastischen Vorkehrungen zum Trotz breitet sich das Virus immer weiter aus: Bis Donnerstag meldeten die chinesischen Behörden über 7700 Infizierte, etwa 81.000 Menschen stehen unter Beobachtung. Seit dem Ausbruch der Lungenkrankheit im Dezember in der zentralchinesischen Stadt Wuhan starben demnach 170 Menschen.
Ausserhalb Chinas gibt es inzwischen mehr als 50 Infektionsfälle in mindestens 18 Ländern, davon fünf in Deutschland. Am Donnerstagabend meldete das bayerische Gesundheitsministerium den fünften bestätigten Fall. Wie bei den anderen vier Infizierten handelt es sich demnach um einen Mitarbeiter des in Starnberg angesiedelten Automobilzulieferers Webasto.
Für das italienische Kreuzfahrtschiff «Costa Smeralda» gab das Gesundheitsministerium in Rom am Donnerstagabend Entwarnung. Der Verdacht einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus bei einem Ehepaar aus China habe sich nicht bestätigt. Das Testergebnis sei negativ.
Rund 1140 Passagiere, die im Hafen der italienischen Stadt Civitavecchia eigentlich schon am Morgen von Bord gehen sollten, konnten das Schiff daraufhin verlassen. Zwischenzeitig hatten rund 6000 Passagiere auf dem Schiff festgesessen. Die Gesundheitsbehörden entsandten ein Ärzteteam auf die «Costa Smeralda», nachdem sie über eine chinesische Passagierin mit starkem Husten und Fieber informiert wurden. Der Schiffsbetreiber Costa Cruises sowie auch die Reederei MSC strichen vorerst alle Kreuzfahrten, die in chinesischen Häfen starten sollten.
Nach Japan und Deutschland meldeten am Donnerstag sowohl die USA als auch Südkorea einen Fall, bei dem das Virus von Mensch zu Mensch übertragen wurde. In den USA steckte sich nach Behördenangaben in Chicago ein Mann bei seiner Frau an, die zuvor in Wuhan gewesen war.
China und andere Länder reagierten bereits mit drastischen Massnahmen auf die Ausbreitung des Virus. Ganze Städte in der Volksrepublik sind abgeriegelt, viele Flughäfen und Bahnhöfe geschlossen. Die Ferien zum chinesischen Neujahr wurden verlängert.
Volkswagen kündigte am Donnerstag an, die Werksferien in den chinesischen Fabriken um mindestens eine Woche zu verlängern. Die mit dem chinesischen Partner FAW betriebenen Fabriken würden «die Produktion nicht vor dem 9. Februar wiederaufnehmen», teilte Volkswagen mit.
Immer mehr ausländische Fluggesellschaften stellten ihre China-Flüge ein, zuletzt auch Air France. Auch die italienische Regierung kündigte am Donnerstag an, sämtliche Flüge aus und nach China würden gestrichen. Immer mehr Länder empfehlen zudem ihren Bürgern, auf alle nicht dringend notwendigen Reisen in die Volksrepublik zu verzichten. Nach der Mongolei kündigte Russland an, seine Grenze zu China zu schliessen.
Mehr als ein Dutzend Länder planen, ihre Bürger aus der am schwersten betroffenen Stadt Wuhan auszufliegen. Japan, Singapur und die USA schickten bereits Flugzeuge. Grossbritannien erhielt grünes Licht von den chinesischen Behörden für eine Evakuierungsaktion und will am Freitag eine Chartermaschine schicken. Auch eine französische Maschine sollte am Freitag starten.
Auch die Bundesregierung will die etwa hundert Deutschen in Wuhan «schnellstmöglich» herausholen. Sie hatte zunächst aber keine Landegenehmigung von den dortigen Behörden. Rückkehrer sollen in Deutschland im rheinland-pfälzischen Germersheim in Quarantäne kommen, wie die «Allgemeine Zeitung» unter Berufung auf das Bundesgesundheitsministerium berichtete. Dort sollten die Betroffenen zwei Wochen lang abgeschottet betreut werden.