Jede theoretisch mögliche Melodie ist jetzt im Netz

Zwei Musiker haben jede erdenkliche Melodie im Netz frei zugänglich gemacht. Damit sollen Urheberrechtsfragen aus der Welt geschafft werden.

Ein Musiker singt und spielt auf einem Keyboard. (Symbolbild) - Pixabay

Das Wichtigste in Kürze

  • Musiker sehen sich immer wieder dem Vorwurf der Urheberrechts-Verletzung ausgesetzt.
  • Damien Riehl, Anwalt, Musiker und Entwickler, fand mit einem Kollegen eine Lösung.

Wer Musik macht, sieht sich ab und an mit dem Vorwurf einer Urheberrechts-Verletzung konfrontiert. Denn es gibt eine endliche Anzahl an möglichen Tonfolgen. Und je mehr Musik es gibt, desto höher die Wahrscheinlichkeit, versehentlich auf eine bereits existierende Melodie zurückzugreifen.

Und sobald eine Melodie auf einem physischen Datenträger abgelegt wird, beginnt das Urheberrecht zu greifen.

Anwalt, Musiker und Programmierer geht gegen Missstand vor

Der Amerikaner Damien Riehl ist Programmierer, Musiker und Jurist zugleich. Zusammen mit dem Musiker und Programmierer Noah Rubin hat er es sich zur Aufgabe gemacht, diese Problematik aus der Welt zu schaffen.

Die Idee: Tonfolgen lassen sich als Zahlen abspeichern. Zahlen lassen sich beliebig generieren. Nun haben die beiden einen Algorithmus geschrieben, der alle möglichen Tonfolgen respektive Zahlenkombinationen generiert. Ausgangspunkt war eine Oktave mit allen Tönen und Halbtönen. Je Sekunde wurden durch den Algorithmus 300'000 Melodien generiert.

Visualisierung bereits benutzter Tonfolgen (rot) und noch unbenutzter Tonfolgen (weiss). - Youtube / TEDx Talks

Die beiden haben nach Beendigung des Algorithmus sämtliche Melodien auf einer Festplatte gespeichert und den Inhalt daraufhin online für alle zugänglich gemacht.

Melodien für die Allgemeinheit

Damit sind zumindest jene Melodien, die bisher noch in keinem Song Verwendung finden, für immer frei zugänglich. Musiker müssen sich künftig also weniger um das Urheberrecht sorgen.

Damien Riehl zeig Beispiele identischer oder fast identischer Melodien. - Screenshot / Youtube / TEDx Talks

Die Struktur eines Songs ist nach wie vor geschützt. Den Entwicklern ging es alleine darum, die sorglose kreative Melodie-Schaffung zu ermöglichen.

Melodien als Zahlen sind nicht schützbare Fakten

Und was die urheberrechtlich bereits geschützten Melodien angeht, appelliert Anwalt Riehl an Berufsgenossen und Richter: Sämtliche Melodien sollen als Zahlenfolge betrachtet werden. Zahlen sind rechtlich gesehen Fakten, und Fakten lassen sich urheberrechtlich nicht schützen.

Ein Notenblatt. - Pixabay

Ob ein juristisches Umdenken stattfindet? In Vergangenheit musste beispielsweise Katy Perry eine Busse von über 2,8 Millionen Dollar zahlen, weil ihr Song «Dark Horse» zufälligerweise dieselbe Melodie beinhaltete wie «Joyful Noise» des eher unbekannten christlichen Rappers Flame.

Ein Musiker spielt Keyboard. (Symbolbild) - Pixabay

Auch Georg Harrison von den Beatles sah sich mit Urheberrechtsverletzungen konfrontiert. Der Song «My Sweet Lord» sei, so die Anklage, vom Lied «He's So Fine» von The Chiffons abgekupfert. Harrison musste eine Busse von 1,5 Millionen Dollar zahlen.

Auch DJ Bobo war in den 90ern mit seinem Lied «Somebody Dance With Me» in einen Rechtsstreit verwickelt. Dieser endete mit einer aussergerichtlichen Einigung. US-Sänger Rockwell erhielt sogar eine Umsatzbeteiligung.

Damien Riehl erhofft sich, dass solche juristischen Verfahren künftig differenzierter ablaufen.

In einer Präsentation geht Damien Riehl auf Technik und Juristik zum Thema ein.