Ampel-Koalition streitet über richtige deutsche Wirtschaftspolitik

Deutschlands Wirtschaftskrise wird zunehmend zum Streitthema der Ampel-Koalition, die um die passenden Konjunkturmassnahmen ringt.

Die deutsche Wirtschaftskrise sorgt für wachsende Spannungen innerhalb der Ampel-Koalition. (Archivbild) - Michael Kappeler/dpa

Deutschlands Wirtschaft steckt in der Krise. Und der Weg daraus wird zunehmend zu einem Streitthema der Ampel-Koalition. Gerungen wird vor allem um die richtigen Massnahmen, die die lahmende Wirtschaft ankurbeln könnten.

Einen Einblick in die angespannte koalitionsinterne Atmosphäre geben aber auch zwei Veranstaltungen am kommenden Dienstag. Nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu einem Industriegipfel geladen hatte, organisierte die FDP ein «wirtschaftspolitisches Spitzengespräch» mit wichtigen Verbandsvertretern.

Nicht abgestimmte Konzepte

Bundesfinanzminister Christian Lindner kritisierte im ZDF, dass jüngste wirtschaftspolitische Vorstösse von Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nicht abgestimmt gewesen seien. Der FDP-Chef forderte eine rasche Richtungsentscheidung. Da werde sich zeigen, «ob wir als Koalition zusammenkommen», sagte er in der ARD.

In diesem Herbst müsse Klarheit geschaffen werden, «in welche Richtung in der Wirtschafts- und Finanzpolitik geht dieses Land». Sonst nehme die wirtschaftliche Entwicklung weiter Schaden. «Nein, die Vorschläge von Herrn Scholz waren nicht abgestimmt und die von Herrn Habeck auch nicht», sagte Lindner im ZDF-«Heute Journal».

«Wir reden miteinander, aber diese Vorschläge kenne ich nicht. Und das ist für sich genommen ein Problem.» Was Lindner nicht sagte: Auch das FDP-Präsidium produziert regelmässig Papiere zur Wirtschaftspolitik und anderen Fragen, die vorher nicht mit den Koalitionspartnern abgestimmt werden.

Lindner kontra Habeck: «Konzeptionelle Hilflosigkeit»

Habeck hatte zuvor vorgeschlagen, die Wirtschaft mit einem schuldenfinanzierten staatlichen Investitions- und Infrastrukturfonds anzukurbeln. Nach seinen Vorstellungen sollen Unternehmen zehn Prozent aller Investitionen vom Staat erstattet bekommen. Lindner hatte die Machbarkeit des Habeck-Vorschlags bereits infrage gestellt und legte nun nach.

«Mich überzeugt das in der Sache nicht», sagte er. «Nachdem wir gesehen haben, dass bei Intel Subventionen nichts gebracht haben, soll auf das Scheitern bei Intel jetzt Intel zum Quadrat folgen.» Für ihn sei das ein «Zeichen von konzeptioneller Hilflosigkeit». Die Bundesregierung wollte eine Intel-Chipfabrik in Magdeburg mit Milliardenaufwand fördern, deren Bau wurde nun aber verschoben.

Zwei Konferenzen – ein Thema

Kanzler Scholz hatte vergangene Woche im Bundestag eine industriepolitische Offensive angekündigt. Er will sich mit Vertretern von Unternehmen, Gewerkschaften und Verbänden zu einem Industriegipfel im Kanzleramt treffen. Es sollten Massnahmen ausgelotet werden, «damit wir gemeinsam nach vorne marschieren», sagte Scholz in der ZDF-Sendung «Maybrit Illner».

Das Treffen ist für den Dienstagnachmittag angesetzt, Wirtschaftsminister Habeck ist zu dem Gipfel nicht eingeladen, sieht das aber gelassen. «Ich brauche jetzt keinen Gipfel. Ich bin permanent am Bergsteigen», sagte er in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi. Er sei mit den Wirtschaftsverbänden täglich im Gespräch.

In den vergangenen Monaten war wegen der vielen Streitereien in der Ampel immer wieder über ein vorzeitiges Ende der Koalition spekuliert worden. Der Finanzminister trat im ZDF dem Eindruck entgegen, schon nach Opposition zu klingen. «Wenn sich alle an den Koalitionsvertrag halten wollen und an seinen Geist, dann habe ich jedenfalls keine Vorsätze, eine Regierungskoalition zu beenden.»