Anna Netrebko immer stärker unter Druck – Engagements auf Eis gelegt
Weil Anna Netrebko ihre Unterstützung von Putin nicht öffentlich zurückgezogen hat, werden ihre Auftritte in New York, Zürich und Berlin nun abgeblasen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Opernhäuser wollen der Sopranistin Anna Netrebko im Moment keine Bühne mehr bieten.
- Der russische Star hat sich geweigert, sich öffentlich gegen Putin zu äussern.
- Auch sie selbst möchte im Moment nicht auftreten.
Immer mehr Opernhäuser gehen auf Distanz zur russischen Starsopranistin Anna Netrebko. Als Reaktion auf den Ukraine-Krieg legten die renommierte New Yorker Metropolitan Opera (Met) und Netrebko ihre Zusammenarbeit vorerst auf Eis. Das Opernhaus habe Netrebko aufgefordert, ihre öffentliche Unterstützung des russischen Präsidenten Wladimir Putin zurückzuziehen.
Dies habe die 50-jährige Russin aber nicht getan, teilte die Oper am Donnerstag mit. Die Operndiva wird auch nicht bei den Osterfestspielen Baden-Baden 2022 singen. Bei einer «Turandot»-Produktion der Berliner Staatsoper Unter den Linden ist sie ebenfalls nicht mehr dabei.
An der Met habe sich Netrebko von geplanten Auftritten zurückgezogen: darunter von ihrer Rolle in «Turandot» im April und Mai. Ausserdem wird sie im «Don Carlos» in der kommenden Saison nicht auftreten, wie es in der Mitteilung hiess. Den Part in «Turandot» soll die ukrainische Sopranistin Liudmyla Monastyrska übernehmen.
Met will nicht mit Putin-nahen Künstlern zusammenarbeiten
«Es ist ein grosser künstlerischer Verlust für die Met und für die Oper insgesamt.» Dies beteuerte Peter Gelb, Direktor des renommierten New Yorker Opernhauses. «Anna ist eine der grossartigsten Sängerinnen in der Geschichte des Opernhauses. Aber wenn Putin unschuldige Opfer in der Ukraine umbringt, gibt es keinen anderen Weg.»
Zuvor hatte die Met bereits angekündigt, vorerst nicht mehr mit Künstlern oder Institutionen zusammenarbeiten zu wollen, die Putin unterstützen. Konkrete Künstler oder künstlerische Einrichtungen waren zunächst nicht genannt worden.
Wegen der Entwicklungen rund um ihre Person sei ein Auftritt von Netrebko im Rahmen der Osterfestspiele nicht möglich. Dies teile das Festspielhaus Baden-Baden am Freitag mit. Den Verzicht in diesem Jahr hätten Künstlerin und Festspielhaus einvernehmlich vereinbart. «Eine zukünftige Zusammenarbeit schliessen aber beide Seiten nicht aus.»
Wer schon Karten für das mit den Berliner Philharmonikern geplante Konzert am 13. April hat, werde individuell angeschrieben und über alternative Möglichkeiten informiert.
Netrebko selbst will auf Auftritte verzichten
Auch andere Opernhäuser hatten in den vergangenen Tagen bereits Auftritte von Netrebko abgesagt, darunter das Opernhaus Zürich. «Es ist nicht die richtige Zeit für mich, aufzutreten und zu musizieren», wurde Netrebko zitiert. «Ich habe deswegen entschieden, mich bis auf Weiteres von Auftritten zurückzuziehen.»
Auch bei einer «Turandot»-Produktion der Berliner Staatsoper Unter den Linden ist die Sängerin nicht mehr dabei. Netrebko wurde zuvor aufgefordert, sich vom völkerrechtswidrigen Vorgehen der russischen Regierung in der Ukraine zu distanzieren. Dies teilte das Opernhaus am Donnerstagabend weiter mit.
«Wir schätzen Anna Netrebko als herausragende Sängerin und es verbindet uns eine langjährige, künstlerische Partnerschaft. Gleichzeitig sehen wir angesichts des brutalen Krieges keine Möglichkeit für eine Fortsetzung dieser Zusammenarbeit», teilte das Opernhaus mit.
Auch sie will, dass der Krieg aufhört
Vor wenigen Tagen hatte sich Netrebko öffentlich gegen den Krieg ausgesprochen – allerdings nicht gegen Putin. «Ich bin eine Russin und liebe mein Land, aber ich habe viele Freunde in der Ukraine. Der Schmerz und das Leid brechen mir das Herz. Ich möchte, dass dieser Krieg aufhört und die Menschen in Frieden leben können.
Das erhoffe ich mir und dafür bete ich», hatte Netrebko geschrieben. Ihr Ehemann, der aserbaidschanische Tenor Yusif Eyvazov (44), hatte eine fast wortgleiche Erklärung veröffentlicht.
Netrebko wandte sich dagegen, «Künstler oder öffentliche Personen zu zwingen, ihre Ansichten öffentlich zu machen und ihr Vaterland zu beschimpfen». Dies sollte eine freie Entscheidung sein. «Ich bin keine politische Person und keine Expertin für Politik», erklärte Netrebko. «Ich bin Künstlerin und mein Ziel ist es, über politische Unterschiede hinweg zu vereinen.»
Auch der russische Dirigent Waleri Gergijew hat seit der russischen Invasion in die Ukraine reihenweise Engagements verloren. Unter anderem hatten sich die Münchner Philharmoniker wegen seiner Freundschaft zu Putin von ihm getrennt.