Auch Kirchen müssen Energie sparen

Mit Decke und Tee: Die Adventszeit steht für Wärme und Licht – gerade bei Kirchen. Doch auch sie zwingt die Energiekrise zum Sparen. Müssen Gläubige nun bei Gottesdiensten frieren und im Dunkeln sitzen?

Die Marienkirche in Rostock: Vielerorts sollen an den Aussenbeleuchtungen gespart und Kirchen nicht mehr angestrahlt werden. - Bernd Wüstneck/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Kalte Kirchen und weniger Lichterglanz: Die Advents- und Weihnachtszeit dürfte in vielen Gotteshäusern in diesem Jahr nicht ganz so heimelig werden wie sonst.

Aufgrund der explodierenden Energiekosten aufgrund des Krieges in der Ukraine raten viele katholische Bistümer und evangelische Landeskirchen ihren Gemeinden, Energie zu sparen. Dazu wurden bereits Ratgeber mit Empfehlungen verschickt, um den Energieverbrauch zu reduzieren, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergeben hat.

Die Kirchen setzen dabei auf die Eigenverantwortlichkeit der Gemeinden und Pfarreien. Die Landeskirche könne Einsparungen nicht einfach verordnen, sagt etwa der Sprecher der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Die Gemeinden seien eigenständige Körperschaften, die selbstständig über ihre Ausgaben entschieden.

Bei dem Thema Energiesparen werde es keine Kontrollen geben, sagte auch der Sprecher des Erzbistums Berlin. «Wir sind keine Klimapolizei.» Da die Heizkosten bei den Gemeinden liegen, gehe er aber davon aus, dass man das Thema dort sehr ernst nehme.

Kältere Kirchen

Zu den Empfehlungen der Kirchen gehört, Gotteshäuser – wenn möglich – gar nicht zu heizen oder die Temperatur zu reduzieren. Die Bistümer in Nordrhein-Westfalen etwa raten in einer gemeinsamen Erklärung, Kirchen auf maximal 5 Grad Celsius zu heizen. Üblich war bislang eine Temperatur von etwa 10 Grad Celsius.

Pro Grad Temperatursenkung würden zehn Prozent Einsparung erzielt, heisst es in mehreren Handreichungen – das sind je nach Kirchengrösse zwischen 1000 und 30 000 Kilowattstunden Energie pro Jahr und Grad. Eine Rechnung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, deren Gebiet sich vor allem über die Bundesländer Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern erstreckt, zeigt, was das konkret bedeutet: Würde die Temperatur in all ihren rund 1900 Kirchen mit Erdgas oder Ölheizung um ein Grad gesenkt, wären Kosteneinsparungen von insgesamt 240 000 Euro jährlich möglich.

Schäden an Gebäuden oder Inventar wie Kirchenorgeln oder Figuren seien aufgrund der niedrigeren Temperaturen nicht zu erwarten, heisst es in vielen Antworten. Wichtiger sei die Luftfeuchtigkeit, die unter 70 Prozent liegen sollte. Besonders für Orgeln sei eine gleichmässige Temperatur wichtig, sie vertrügen keine Temperaturschwankungen, so der Sprecher des Erzbistums Hamburg.

Wie reagieren die Kirchgänger auf kältere Gebäude? Im Bistum Fulda, wo die Senkung der Grundtemperatur auf 5 Grad Celsius empfohlen wird, habe es wenige kritische Rückmeldungen gegeben, sagte ein Sprecher. Die Mehrzahl der Kirchgänger habe Verständnis. Die Sprecherin der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz betonte: «Wichtig ist es, die Kirchenmitglieder über die Gründe aufzuklären.»

Vor allem Touristen würden sich an den kühleren Temperaturen nicht stören, sagt der Pastor der St. Marien-Kirche in Lübeck. «Weil sie es aus ihren Heimatstädten oder Heimatländern gar nicht anders gewohnt sind bei solchen grossen Kirchen.» Auch der Sprecher des Bistums Erfurt wies darauf hin, dass die Menschen wüssten, dass die Kirchen dort «keine Wohnzimmertemperaturen haben».

Decken, Tee und Wärmflaschen

Um die Menschen bei den Gottesdiensten warm zu halten, rufen viele Gemeinden dazu auf, sich warm anzuziehen, Tee und sogar Wärmflaschen mitzubringen. Vielerorts werden auch Decken angeboten. In manchen Kirchen gibt es beheizte Sitzkissen auf den Bänken. Dadurch könne man bei ausgeschalteter Luftheizung im Verhältnis etwa 95 Prozent der Energie sparen, heisst es aus dem Erzbistum Köln.

Auch mit sogenannten Winterkirchen wird vielerorts Energie gespart – und das nicht erst seit diesem Jahr. Dabei wird der Gottesdienst nicht in der Kirche, sondern zum Beispiel im besser beheizbaren, kleineren Gemeindehaus gefeiert. Weitere Ideen: Kürzere Gottesdienste, der Austausch fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energien oder die Schaffung von Synergien. In Göttingen etwa wechseln sich einige evangelische Kirchen mit dem Heizen ab. An einem Sonntag bleibt eine Kirche kalt, eine benachbarte Kirche wird moderat beheizt. Am nächsten Sonntag wird gewechselt.

Weniger Licht

Im Visier der Sparanstrengungen steht zudem der weihnachtliche Lichterglanz. So sollen vielerorts an den Aussenbeleuchtungen gespart und Kirchen nicht mehr angestrahlt werden. Im Bistum Trier ist das Thema nicht nur wegen der Energiekosten schon länger aktuell. Dort will man mit weniger Licht auch den Lebensraum von Insekten schützen.

Im Erzbistum Köln soll ebenfalls auf «überdimensionierte» Weihnachtsbeleuchtung verzichtet werden. Da das Weihnachtsfest jedoch – «besonders in der dunklen Jahreszeit und in den momentanen Krisenzeiten – auch ein Fest der Hoffnung ist», könnten sparsame Lichterketten angebracht werden.

«Diese Vorstellung, dass Kirchen zur Weihnachtszeit überladen wären mit Weihnachtsdeko, ist auch übertrieben», sagt der Sprecher des Erzbistums Berlin. «Es ist nicht kirchlicher Brauch in der Adventszeit alles über und über mit zahlreichen Lichterketten zu dekorieren.» Der Weihnachtsbaum komme erst zu Weihnachten in die Kirche, die Festtagsbeleuchtung auch.