Britischen Truckern droht Weihnachten in der Fahrerkabine
Wegen der neuen Corona-Mutation hat Frankreich einen Einreisestopp aus England verhängt. In Dover bilden sich deswegen kilometerlange LKW-Staus.
Das Wichtigste in Kürze
- In England stauen sich hunderte Lkws, weil Frankreich die Grenze dicht gemacht hat.
- Der Stopp des Warenverkehrs kommt zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt.
- Premierminister Boris Johnson versprach eine baldige Lösung des Problems.
Fast 50 Kilometer vor Dover im Südosten Englands beginnt der Stau. Doch es ist keine gewöhnliche Kolonne und sie bewegt sich aktuell auch keinen Meter. In Reih und Glied steht Lastwagen an Lastwagen, nach Angaben des britischen Innenministeriums sollen über 1500 Lkw-Fahrer auf die Weiterfahrt gegen Süden warten.
Sie kommen aus ganz Europa, für viele ist es die letzte Fahrt, bevor sie auf die Festtage zu ihren Familien heimkehren sollten. Stattdessen bereiten sich die meisten jetzt auf Weihnachten in ihrer Lastwagenkabine vor. «Ich fahre seit 30 Jahren in Europa und zuletzt gab es so etwas vor Weihnachten 1990 in Rumänien, als die Grenze geschlossen wurde. Ich will nur noch nach Hause», zitiert die «Dailymail» einen Chauffeur aus Wolverhampton.
Tests an der Grenze stehen zur Diskussion
Seit Sonntagabend blockiert Frankreich wegen der neuen Mutation des Coronavirus die Grenze zu England. Davon betroffen ist auch der Frachtverkehr und somit die Lkw-Fahrer. Denn nicht nur beim Hafen in Dover gibt es kein Durchkommen, auch der Eurotunnel ist geschlossen.
«Wir müssen alles tun, was wir können», sagte Innenministerin Priti Patel am Dienstag zu «Sky News». Derzeit liefen die Gespräche mit den französischen Behörden über eine Wiederaufnahme des Warenverkehrs. Sie versprach, es werde «eine Lösung gefunden».
Gemäss Frankreichs Transportminister Jean Baptiste Djebbari soll ein Notfallprotokoll zur Diskussion stehen, bei dem Lkw-Fahrer aus Grossbritannien sich einem Corona-Test unterziehen können, um weiterzufahren. Die Infrasturktur dafür müsste aber erst noch aus dem Boden gestampft werden. Normalerweise überqueren vor den Festtagen rund 10'000 Lastwagen den Ärmelkanal pro Tag.
Der Fisch beginnt zu stinken
Die Massnahmen kommen zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt, denn in wenigen Tagen endet die Brexit-Übergangsfrist. Kommt es zu keiner Einigung in letzter Sekunde zwischen Grossbritannien und der EU, verlässt das Land die Europäische Zollunion sowie den Binnenmarkt.
Bei einem «No Deal» müssten im schlimmsten Fall ab Anfang Januar plötzlich Zölle und Einfuhrsteuern auf jeden einzelnen Artikel erhoben werden, der aktuell in den hunderten Laderäumen der feststeckenden Trucks lagert.
Die Supermarktkette Sainsbury's warnte im «Guardian», dass gewisse Artikel knapp werden könnten, wie beispielsweise Salate, Broccoli oder Zitrusfrüchte. Verschiedene britischen Detailhändler erklärten nach der Grenzschliessung in den Medien aber, es werde zu keinen grundsätzlichen Lebensmittel-Engpässen kommen.
Besonders schlimm trifft der Stau Lieferanten von Meeresfrüchten. James Withers, CEO von Scotland Food & Drink, warnte vor einem «Desaster», sollte sich die Situation nicht schnell bessern. Fische und Meeresfrüchte aus schottischen Gewässern im Wert von über einer Million Pfund sollen aktuell im Stau stecken und die Weihnachtsdeadline bald verpasst haben.
Weiterfahrt ab Mittwoch?
Der britische Permierminister Boris Johnson versucht gleichzeitig, die Bevölkerung zu beruhigen. Die Lebensmittelversorgung sei sichergestellt, über den Hafen in Dover würden «nur» rund 20 Prozent aller Güter die Insel erreichen. Er sei hoffnungsvoll, dass das Problem «in den nächsten Stunden» gelöst werde, sagte er gestern.
Gemäss der «BBC» soll sich Johnson mit Emmanuel Macron heute Dienstag auf eine Lösung für den Frachtverkehr ab Mittwoch geeinigt haben. Details sollen demnach im Laufe des Tages bekannt gegeben werden.