Coronavirus: Funktioniert der «slowakische Weg» mit den Massentests?
Zur Eindämmung des Coronavirus setzt die Slowakei auf Massentests. Premierminister Igor Matovič will so eine Alternative für ganz Europa zum Lockdown finden.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Slowakei testet die Bevölkerung flächendeckend auf das Coronavirus.
- Dabei wurden bereits über 5,6 Millionen Schnelltests durchgeführt.
- Die Positivitätsrate konnte stark gesenkt werden – doch bei gleichzeitigem Lockdown.
Österreichs Regierung schaut im Kampf gegen das Coronavirus in der Slowakei ab. So lobte Bundeskanzler Sebastian Kurz die Schnelltests des Nachbarlandes als «absolutes Erfolgsbeispiel».
Bei der von Kurz gelobten Massnahme werden alle über zehn Jahre alten Bewohner von rund zwei Dritteln des Landes getestet. Die Teilnahme ist zwar freiwillig, doch alle ohne negatives Testergebnis kriegen zehn Tage Hausarrest. Einzig zum Einkaufen darf man noch raus – und dies auch nur in unmittelbarer Umgebung des Wohnorts. Bei Missachtung drohen Strafen von bis zu 1600 Euro.
Dabei wurden flächendeckend an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden insgesamt 5,6 Millionen Antigen-Schnelltests durchgeführt. 3,6 Millionen davon fielen bei der ersten Testrunde an. Bei der zweiten Runde wurde der Fokus auf stark betroffene Gebiete gelegt, dafür weniger getestet.
Insgesamt wurden so 51'868 infizierte Personen ausfindig gemacht, die sich in Quarantäne begeben mussten. Die Positivitätsrate der ersten Runde lag bei 1,06 Prozent, bei der zweiten Runde sank sie auf 0,66 Prozent.
Die Zwischenergebnisse der dritten Runde vom letzten Wochenende zeigten bei über 1,5 Millionen Tests eine Positivitätsrate von 0,63 Prozent. Für dieses Wochenende ist eine weitere Testrunde geplant.
Massentest als Alternative zum Lockdown?
Premierminister Igor Matovič zeigt sich mit den Ergebnissen zufrieden. Die Massentests stellten sich als wirksames Instrument im Kampf gegen das Coronavirus heraus. Dank den Tests sei es möglich gewesen, die Anzahl positiver Fälle um mehr als 50 Prozent zu senken.
«Wir sind Teil eines grossen Schritts für die Slowakei und für ganz Europa», so Matovič. Denn man werde die Antwort darauf finden, ob es auch eine Alternative zum Lockdown gebe.
Doch die Regierung setzt im Kampf gegen das Coronavirus nicht nur auf die Massentests. Seit dem 11. Oktober gilt im Freien eine allgemeine Maskenpflicht. Ausserdem wurden Grossveranstaltungen untersagt, öffentliche Einrichtungen fast alle geschlossen.
Zu Wochenbeginn wurden erste Lockerungen erlassen: Kirchen, Kinos und Theater dürfen wieder öffnen, aber nur für 50 Prozent ihrer Besucherkapazitäten. Auch Fitnesszentren und Schwimmbäder dürfen zwar wieder öffnen, aber nur für maximal sechs Besucher gleichzeitig.
Ob Massentests auch ohne Lockdown zur Eindämmung des Coronavirus geführt hätten, lässt sich derzeit nicht beurteilen.
Slowakei bisher mit guter Corona-Bilanz
Ein Blick auf die Corona-Zahlen zeigt, dass die Slowakei die Pandemie bisher gut im Griff hat. Auch nach den Massentests liegt die Zahl der Infektionen bei knapp über 87'000. Todesfälle wurden bisher 526 registriert.
Zum Vergleich: In der Schweiz starben sechsmal so viele Menschen – die Einwohnerzahl ist aber nur anderthalbmal höher.
Coronavirus: Die Slowakei als Vorreiter in der EU
Die slowakische Regierung griff bereits im Januar früh und hart durch. So wurden die Grenzen bereits am 31. Januar geschlossen. Die Slowakei gehörte im Februar auch zu den ersten EU-Ländern, die eine Maskenpflicht einführte.
Die Regierung setzt ausserdem auf strenge Quarantäneregeln. Lange mussten Einreisende 14 Tage in einem staatlichen Quarantänezentrum verbringen. Später wurde das Einhalten der Quarantäne mittels Smartphone-App überwacht.
Die Massnahmen zeigten die gewünschte Wirkung: Der Slowakei gelang es, die erste Welle stark einzudämmen.