Coronavirus: Zweite Welle kündigt sich in Spanien an
Nach einer schweren ersten Welle verschärft sich die Situation in Spanien erneut. Die Behörden vermelden über 200 neue Ausbrüche – und reagieren mit Massnahmen.
Das Wichtigste in Kürze
- In Spanien sind die Neuinfektionen in den letzten Wochen rasant angestiegen.
- Im Land wurden 200 Ausbrüche registriert, erste Regionen führen harte Massnahmen ein.
- Spanien ist nicht auf der Quarantäneliste der Schweiz. Das kann sich aber ändern.
Alarmierende Zahlen in Spanien: Das Land verzeichnet einen rapiden Anstieg der Coronavirus-Ansteckungen. Wie «El País» schreibt, verdreifachte sich die Fallzahl innerhalb von zwei Wochen: Am dritten Juni betrug die 7-Tage-Inzidenz noch 8,76. Nun liegt sie bereits bei 27,39 – rund dreimal so hoch wie in der Schweiz, Tendenz steigend.
Setzt sich die Entwicklung in der nächsten Woche fort, dürfte Spanien schon bald auf der Schweizer Liste der Risikoländer landen. Und damit würde eine zehntägige Quarantäne für Reisende aus Spanien gelten.
«Wer jetzt Ferien plant, muss damit rechnen, dass etwas schiefgehen kann», sagte Stefan Kuster am Dienstag vor den Medien auf die Frage, wie es sich mit der Ferienplanung verhalte. «Das Virus bestimmt das Tempo», wiederholte Kuster mehrmals und betonte: «Ich weiss nicht, was in Spanien in 14 Tagen sein wird.»
Alarmierende Zustände in einzelnen Regionen
Klar ist, dass sich die Lage im Ferienland zuspitzt. Am Montag berichtete der spanische Gesundheitsminister, dass es 201 aktive Ausbruchherde gebe. Über 2000 Fälle würden mit den Ausbrüchen in Verbindung gebracht.
Doch die Herde verteilen sich ungleichmässig übers Land: Besonders schwer sind Katalonien und die nordspanischen Regionen Aragon und das Baskenland vom Coronavirus betroffen. In Aragon lag die 7-Tage-Inzidenz bei 160. Das ist mehr als der schweizweit gemessene Wert auf dem Höhepunkt der ersten Welle.
«Die Situation in diesen Regionen ist sehr besorgniserregend», zitiert «El País» den Gesundheitsminister.
Spanien befindet sich in einer ähnlichen Situation wie die Schweiz: Nach dem Ende des Lockdowns kämpfen beide Länder gegen lokal auftretende Ausbrüche. An verschiedenen Orten, beispielsweise in Madrid, habe dies gut funktioniert, zitiert «El País» einen Epidemiologen.
Erneut strikte Massnahmen in Barcelona
Doch nicht überall hat die lokale Eindämmung der Ausbruchherde funktioniert. In Aragon und Katalonien wurden die Massnahmen gegen das Coronavirus lokal bereits wieder enorm verschärft: In Barcelona wurde die Kapazität von Restaurants und Bars limitiert, Nachtclubs, Kulturlokale und Fitnessstudios wurden geschlossen. Menschenansammlungen von mehr als zehn Personen sind wieder verboten.
Die Masssnahmen, von denen rund vier Millionen Menschen betroffen sind, sollen vorerst wieder für zwei Wochen gelten.
«Dies ist ein schwieriger Moment», sagte Meritxell Budo, Sprecher der katalanischen Regierung, am vergangenen Freitag. «Wir müssen schnell reagieren, um eine Situation zu verhindern, wie die, in der wir uns im März befanden.»
Nachtleben wird im ganzen Land eingeschränkt
Es zeigen sich weitere Parallelen zur Schweiz: Während die Landesregierung ihre Kompetenzen abgegeben hat, ergreifen die Regionen neue Massnahmen. Ähnlich wie in der Schweiz beginnt die Verschärfung beim Nachtleben, welches vielerorts eingeschränkt wird.
Zuvor waren im ganzen Land in Nachtclubs neue Ausbrüche entstanden, wie «The Local Es» berichtet. In der andalusischen Stadt Cordoba steckten sich 73 von 400 Partygängern an. In Murcia im Südosten des Landes wurden nach Infektionen die Clubs geschlossen. Auch in Magaluf und am Ballermann auf Mallorca wurden die Bars erneut geschlossen, nachdem deutsche Touristen die Vorschriften ignoriert hatten.
Gelingt die Eindämmung mittels Contact Tracing?
Die Behörden versuchen, die Ausbrüche mittels Contact Tracing einzudämmen. Nach Angaben der regionalen Gesundheitsbehörden arbeiten landesweit 3533 Contact Tracer an der Rückverfolgung der Fälle. Doch das ist immer noch zu wenig: In manchen Regionen wird nur ein zusätzlicher Fall pro Neuinfektion durch die Tracer registriert, schreibt «El País».
«Diese Zahl ist skandalös niedrig, das ist für mich kaum zu glauben», sagt Rodriguez Artalejo, Sprecher der spanischen epidemiologischen Vereinigung. Dies habe auch zur Verschlimmerung der Lage in Katalonien beigetragen.
In anderen Regionen funktioniert das Contact Tracing besser – ob der Einsatz genügt, dürfte sich in den kommenden Tagen zeigen. Sollte die Situation nicht unter Kontrolle gebracht werden können, droht Spanien eine erneute Lockdown-Situation wie im März.