Didacta zeigt digitale Lernwelten
Die viel beschworene Digitalisierung der Schulen ist auf der Bildungsmesse Didacta an vielen Ständen ein Schwerpunktthema. Doch ohne qualifizierte Lehrer nutzt auch die beste Technik wenig, mahnen Experten.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Märchenwald können Grundschüler auf digitale Entdeckungsreise gehen: Mit ihren Tablets scannen sie ein Hexenhäuschen und lernen so geometrische Formen.
Ältere Kinder erkunden im Fach Geschichte mit einer Virtual-Reality-Brille Grabkammern im alten Ägypten.
Auf der Bildungsmesse in Köln (19. bis 23. Februar) sind solche Szenarien bereits Realität. Doch für die meisten Schulen sind sie wohl noch ferne Zukunftsmusik. Neben der technischen Ausstattung hapert es nach Einschätzung von Experten vor allem an einer entsprechenden Qualifikation der Lehrer.
Pädagogische Kompetenzen ausbauen
«Digitale Technik allein macht noch keinen besseren Unterricht», sagt der Präsident des Didacta-Verbands, Wassilios Fthenakis. «Wir benötigen geeignete pädagogisch-didaktische Konzepte, die den sinnvollen Einsatz neuer Technik überhaupt ermöglichen.» Dabei dürften digitale und analoge Angebote nicht als Gegensatz gesehen, sondern müssten produktiv miteinander verknüpft werden.
«Es gibt bislang nur vereinzelt konkrete Konzepte für die Arbeit mit digitalen Materialien für die einzelnen Unterrichtsfächer», sagt Julia Knopf von der Universität des Saarlandes, die die Sonderschau «Digitale Innovationen» auf der Didacta mitkonzipiert hat. «Jeder Lehrer braucht aber für sein Fach, für seine Altersstufe, für die Kompetenzen, die er gerade fördern möchte, ein Beispiel - sonst macht er es nicht.» Es reiche nicht die technische Ausstattung anzuschaffen oder ein allgemeines Medienkonzept zu erstellen. Wichtig seien flächendeckende und kontinuierliche Weiterbildungen.
Hinterfragen und einordnen
«Es sind ja nicht alle Themen der Digitalisierung nur zu vermitteln, wenn ich ein Smartphone oder Tablet in der Hand habe», sagt Myrle Dziak-Mahler, Geschäftsführerin des Zentrums für LehrerInnenbildung an der Uni Köln. Die erste Frage sei doch: «Was müssen Schüler nach der Schule können, um in einer digitalen Gesellschaft zu bestehen?» Dabei gehe es unter anderem um die Kompetenz, Informationen aus dem Internet zu hinterfragen und einzuordnen. Lehrer müssten lernen, ihre Rolle als die eines Begleiters zu verstehen, der die Schüler zu einem kritischen Umgang mit Quellen im Internet befähige, sagt Dziak-Mahler.
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) sieht in puncto Digitalisierung eine «riesige Diskrepanz» zwischen den Anforderungen an die Schulen und der Realität. «Die Schulen sollen alles mögliche machen, aber gleichzeitig haben die Länder sie bei der Vorbereitung darauf und bei der Ausstattung im Stich gelassen», kritisiert der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann. Obwohl schon seit vielen Jahren über den notwendigen Einzug der Digitalisierung in die Schulen gesprochen wird, gebe es noch immer keine Fortbildungsoffensive für Lehrer. «Erst jetzt - mit dem Digitalpakt im Rücken - fängt das so langsam an. Viel zu spät», meint Beckmann.
Fort- und Weiterbildungen für Lehrer
Dagegen betont der Präsident der Kultusministerkonferenz, Alexander Lorz: «Die Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften spielt gerade in den letzten Jahren eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der qualitativen Weiterentwicklung unseres Bildungssystems.» Auch bei der Ausbildung zum Thema Digitalisierung hätten sich viele Bundesländer bereits «auf den Weg gemacht».
In Nordrhein-Westfalen etwa solle der Nachweis von Kompetenzen für das Lernen und Lehren mit digitalen Medien demnächst verpflichtender Bestandteil der Lehrerausbildung werden, heisst es aus dem Düsseldorfer Schulministerium. Das Land investiere rund elf Millionen Euro in den Aufbau der digitalen Infrastruktur in den Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung.
Die Digitalisierung steht auf der Didacta bei vielen der rund 900 Aussteller im Mittelpunkt. Bis zum Samstag werden mehr als 100.000 Besucher zu der internationalen Leitmesse erwartet.