Donald Tusk findet Grossbritannien nach Brexit zweitklassig
Zum Abschied zieht EU-Ratspräsident Donald Tusk eine gemischte Bilanz – und setzt auch gegen Deutschland einige Seitenhiebe.
Das Wichtigste in Kürze
- EU-Ratspräsident Donald Tusk findet, Grossbritannien wird nach dem Brexit zweitklassig.
- Er habe alles dafür getan den Brexit zu verlängern.
- Er habe Merkel und Tsipras zusammen in einen Raum gesperrt, um eine Einigung zu erzwingen.
EU-Ratspräsident Donald Tusk sagt Grossbritannien einen drastischen Abstieg nach dem Brexit voraus. «Nach diesem Abschied wird das Vereinigte Königreich ein Aussenseiter, ein zweitklassiger Spieler. Während das wichtigste Schlachtfeld von China, den USA und der EU besetzt sein wird.»
Der Pole sagte dies am Mittwochabend in einer Bilanz seiner fünfjährigen Amtszeit. Überall werde er gefragt, warum die Briten sich das antäten.
«Gebt nicht auf»
Mit Blick auf die anstehenden Wahlen in Grossbritannien am 12. Dezember appellierte Donald Tusk an die Briten: «Gebt nicht auf. In diesem Match hatten wir bereits Nachspielzeit, jetzt sind wir in der Verlängerung, vielleicht geht es sogar ins Elfmeterschiessen.»
Er habe alles dafür getan die Frist für den Brexit zu verlängern. Damit man genügend Zeit zum Nachdenken habe und um Grossbritannien eine mögliche Kehrtwende zu geben.
Donald Tusk kam 2014 ins Amt und gibt dieses am 1. Dezember 2019 an den ehemaligen belgischen Ministerpräsidenten Charles Michel ab. Der Präsident des Europäischen Rats hat die Aufgabe, zwischen den EU-Staaten zu vermitteln und die regelmässigen Gipfeltreffen zu leiten.
Sein grosses Thema sei die Einheit der Europäischen Union gewesen. Der EU-Ratspräsident stellte besonders heraus, Griechenland in der Eurozone gehalten zu haben. «Ich habe die Griechen vor einer übermässig harten und manchmal orthodoxen Herangehensweise der Deutschen und der Niederländer bewahrt.»
Donald Tusk sperrte Merkel und Tsipras ein um «aGreekment» zu verkünden
Dennoch habe die Eurozone am 12. Juli 2015 unmittelbar vor dem Zusammenbruch gestanden. In dieser Nacht wären Bundeskanzlerin Angela Merkel und der damalige griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras beinahe im Streit auseinander gegangen.
Es war 4 Uhr morgens, erzählte Donald Tusk. «Ich schloss die Tür und sagte ihnen: «Sorry, aber es ist ausgeschlossen, dass ihr diesen Raum verlasst, bevor ihr euch einig werdet.» Vier Stunden später verkündigte ich ein «aGreekment».» Das ist ein Wortspiel mit dem englischen Begriff «agreement» für Einigung.
Auch gegen den französischen Präsidenten Emmanuel Macron setzte Donald Tusk zum Abschied eine Breitseite. Er übte Kritik an der französischen Blockade von Beitrittsgesprächen mit Albanien und Nordmazedonien. Macrons Forderung nach einer neuen Russlandpolitik wies er ebenfalls zurück. Die harte Linie gegen Moskau müsse beibehalten werden.