Empörung über Treffen des Linken-Politikers Hunko mit Maduro
Venezuelas Präsident wird von westlichen Regierungen geächtet. Ein Linken-Abgeordneter macht sich trotzdem auf den Weg nach Caracas und handelt sich für sein Treffen mit dem Staatschef deftige Kritik ein: «skandalös», «peinlich», «beschämend», heisst es nun in Berlin.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Treffen des Linken-Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko mit dem venezolanischen Staatschef Nicolás Maduro hat für Empörung bei den Regierungsfraktionen in Berlin gesorgt.
Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Johann Wadephul nannte die Begegnung in Caracas «skandalös», der SPD-Aussenpolitiker Nils Schmid bezeichnete sie als «peinlich». «Mit diesem Besuch schlägt Hunko der unterdrückten Bevölkerung Venezuelas ins Gesicht und macht sich zum politischen Handlanger Maduros», sagte Wadephul der Deutschen Presse-Agentur.
Maduro befindet sich seit Monaten in einem erbitterten Machtkampf mit Parlamentspräsident Juan Guaidó, der ihm Wahlfälschung vorwirft und sich im Januar selbst zum Interimspräsidenten ernannt hat. In dieser Funktion wird Guaidó von der Bundesregierung und anderen westlichen Staaten anerkannt. Hunko ist der erste Bundespolitiker, der Venezuela seit Beginn des Machtkampfes besucht. Er hält sich insgesamt elf Tage dort auf und will am Wochenende nach Deutschland zurückkehren.
Das Treffen mit Maduro fand bereits am Mittwoch in der Hauptstadt Caracas statt. Hunko schrieb dazu auf Facebook, er habe bei dem «langen Austausch» die «Solidarität mit dem venezolanischen Volk gegenüber Wirtschaftssanktionen und Kriegsdrohungen zum Ausdruck gebracht».
Zu seinen Gesprächspartnern in Caracas zählten aber auch Guaidó und andere Oppositionsvertreter. Dazu schrieb Hunko: «Habe dort meine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass eine Lösung der Krise nur friedlich und dialogisch sein kann.» In einem früheren Beitrag zu der Reise auf seiner Internetseite hatte Hunko Guaidó als «Hochstapler» bezeichnet, dessen Anerkennung als Interimspräsident auf eine «Fehleinschätzung der Lage in Venezuela» zurückzuführen sei.
Der venezolanische staatliche Fernsehsender VTV berichtete ausführlich über den Besuch Hunkos bei Maduro im Präsidentenpalast Miraflores. In dem Beitrag ist zu sehen, wie Hunko und Maduro bei der Begrüssung miteinander scherzen. Das Gespräch fand - wie bei einem offiziellen Besuch von Staats- oder Regierungschefs - vor den Flaggen beider Länder statt.
Maduro würdigte das Treffen anschliessend auf Twitter: «Im Rahmen unserer Diplomatie des Friedens habe ich den deutschen Abgeordneten Andrej Hunko empfangen. Wir hatten ein wichtiges Treffen, um die Beziehungen zur Europäischen Gemeinschaft und den Respekt vor dem internationalen Recht zu stärken.»
Der SPD-Politiker Schmid nannte es «beschämend, dass die Linkspartei immer noch einen Herrscher unterstützt, der die Demokratie in Venezuela zerstört und sein Land ins wirtschaftliche Verderben gestürzt hat». Der CDU-Politiker Wadephul forderte die Fraktionsführung der Linken im Bundestag auf, Hunko alle internationalen Aufgaben - etwa im Europarat - zu entziehen.
Auch der Grünen-Aussenpolitiker Omid Nouripour warf dem Linken-Abgeordneten vor, sich von Maduro «propagandistisch instrumentalisieren» zu lassen. «Maduro ist kein linker Präsident, sondern ein schlimmer Kleptokrat, der sein Land und sein Volk ruiniert», sagte er der dpa. Der FDP-Aussenpolitiker Bijan Djir-Sarai sprach von einem «Armutszeugnis».
Wie das Treffen mit Maduro genau zustande kam, blieb zunächst unklar. Das Auswärtige Amt erklärte, dass die deutsche Botschaft in Caracas den Abgeordneten zwar bei der Anfrage von einzelnen Terminen unterstützt und diese begleitet habe. «Dies gilt nicht für das Treffen mit Herrn Maduro», fügte das Ministerium aber hinzu. Hunko war am Freitag in Venezuela zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar.
Finanziert wurde die Reise nach Angaben seines Büros von der Bundestagsfraktion. Die Fraktionsführung verteidigte die Reise. Der parlamentarische Geschäftsführer Jan Korte betonte, dass Hunko sich mit beiden Seiten des Machtkampfs getroffen habe. Es sei sinnvoll, mit allen Beteiligten einen «kritischen Dialog» zu suchen. «Die Empörung aus den Reihen der Regierungsfraktionen ist heuchlerisch und verlogen», sagte Korte. «Denn diese Bundesregierung arbeitet ansonsten toll mit den Regierungen von zum Beispiel Saudi Arabien und der Türkei zusammen.»
Angesichts der zunehmenden internationalen Isolierung der Maduro-Regierung kamen zuletzt nur noch wenige ausländische Besucher nach Venezuela. Während die USA, viele EU-Staaten und zahlreiche lateinamerikanische Länder Guaidó bereits als rechtmässigen Übergangsstaatschef anerkannt haben, halten Russland, China, die Türkei sowie die linken Regierungen in Kuba, Nicaragua und Bolivien Maduro weiterhin die Treue.
Im Dezember vergangenen Jahres empfing Maduro den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Kurz zuvor war der Präsident der nordkoreanischen Volkskammer, Kim Yong Nam, zu Gast in Caracas. Kritiker hingegen sind nicht so gerne gesehen: Im Februar verwies die Regierung sechs spanische Europaabgeordnete des Landes, die Maduros Gegenspieler Guaidó treffen wollten.
Am Sonntag wird Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) zu seiner ersten grossen Lateinamerika-Reise aufbrechen. Er wird Venezuela zwar nicht besuchen, sich im Nachbarland Kolumbien aber mit Vertretern der Opposition treffen.