Zwei Dritteln der europäischen Flüsse und Seen geht es nicht gut

Nur 37 Prozent der Seen und Flüsse in Europa sind in einem guten oder sehr guten Zustand. Die Gewässer stehen vor «noch nie dagewesenen Herausforderungen».

Um viele europäische Gewässer steht es aktuell nicht gut. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Zwei Dritteln der europäischen Flüsse und Seen geht es nicht gut.
  • Die grösste Belastung geht von der Landwirtschaft aus.
  • Grund dafür ist vor allem der intensive Einsatz von Nährstoffen und Pestiziden.

Dreckige Luft sowie Nährstoffe und Pestizide aus der Landwirtschaft: Um den Grossteil der europäischen Gewässer steht es weiterhin nicht gut. Nur 37 Prozent der sogenannten Oberflächenwasserkörper, also Seen oder Flüsse, befanden sich 2021 in einem guten oder sehr guten Zustand. Dies nach Angaben der Europäischen Umweltagentur EEA.

Trotz Bemühungen der Länder habe sich diese Zahl seit 2015 kaum verändert. Das heisst es in einem neuen Bericht der in Kopenhagen ansässigen EU-Behörde. Die fehlende Verbesserung des ökologischen Zustands spiegele die anhaltende Belastung der Oberflächengewässer auf dem gesamten Kontinent wider.

In ganz Europa leiden die Gewässer. - keystone

«Unsere Gewässer stehen vor noch nie dagewesenen Herausforderungen, die die Wassersicherheit Europas bedrohen», sagt EEA-Direktorin Leena Ylä-Mononen.

«Wir müssen unsere Anstrengungen verdoppeln, um die Gesundheit unserer wertvollen Flüsse, Seen, Küstengewässer und anderen Gewässer wiederherzustellen. Und sicherzustellen, dass diese lebenswichtige Ressource für künftige Generationen widerstandsfähig und sicher ist.»

Die Sicherheit der Wasserversorgung stehe jetzt und in Zukunft vor grossen Herausforderungen, so die EEA.

Vor allem die Landwirtschaft belastet Wasser

Die grösste Belastung des Oberflächen- und Grundwassers gehe von der Landwirtschaft aus. Das berichtet die Agentur unter Berufung auf Angaben der Mitgliedsstaaten.

Grund dafür sei vor allem der intensive Einsatz von Nährstoffen und Pestiziden. Abhilfe schaffen könnten etwa Änderungen der landwirtschaftlichen Praktiken und neue Technologien, schreibt die EEA.

In der Landwirtschaft kommen viele verschiedene Pestizide zum Einsatz. - keystone

Gleichzeitig sei die Landwirtschaft bei weitem der grösste Netto-Wasserverbraucher in Europa. «Und ohne Änderungen der Praktiken wird der Bedarf der Bewässerungslandwirtschaft mit dem Klimawandel wahrscheinlich steigen.»

Das Grundwasser liefert den Angaben nach zwei Drittel des Trinkwassers in der EU und unterstützt Ökosysteme wie Feuchtgebiete und Flüsse.

Demnach sind 77 Prozent der Grundwasserkörper in einem guten chemischen Zustand. Die Hauptschadstoffe seien Nitrate und Pestizide. Mengenmässig befänden sich 91 Prozent des Grundwassers in einem guten Zustand, heisst es.

Wasser wird knapper

Allerdings: Sogenannter Wasserstress sei eine wachsende Sorge in Europa. Vor allem mit zunehmender Wasserknappheit im Süden sowie häufigeren und stärkeren Dürreperioden auf dem ganzen Kontinent. Dies wirke sich auf die öffentliche Wasserversorgung sowie auf Landwirtschaft und Industrie aus, heisst es.

Bereits jetzt seien jährlich 20 Prozent des europäischen Lands sowie 30 Prozent der Bevölkerung von Wasserstress betroffen. «Zahlen, die in Zukunft aufgrund des Klimawandels wahrscheinlich noch steigen werden», so die EEA.

Nach Angaben des Umweltbundesamts (UBA) spricht man von Wasserstress, wenn über 20 Prozent des verfügbaren Wassers vom Menschen genutzt wird.

30 Prozent der europäischen Bevölkerung sind von Wasserstress betroffen. - keystone

Dagegen hilft ein geringerer Wasserverbrauch. Die EEA sagt: «Die Reduzierung von Lecks, die Verwendung wassersparender Geräte und Prozesse und die Erhöhung der Wasserwiederverwendung würden die Effizienz verbessern.»

Auch der Wasserpreis spiele eine Rolle: Er könne unter anderem eine wichtige Triebkraft für die Verringerung des Verbrauchs sein.

Klimawandel verstärkt Hochwasserrisiko

Auch «zu viel» Wasser wird nach der Analyse der Experten zu einem immer grösseren Problem: Intensive Regenfälle haben in Teilen Europas bereits zugenommen, was zu Überschwemmungen und wachsenden Hochwasserrisiken führe.

Mit dem Klimawandel in Europa werde ein erschwingliches und nachhaltiges Hochwasserrisikomanagement immer wichtiger, mahnt die Agentur.

In Niederösterreich kam es kürzlich zu starken Niederschlägen. - dpa

Erst im September hatten Überschwemmungen in ganz Mittel- und Osteuropa grosse Verwüstungen angerichtet: von Rumänien über Österreich bis Polen.

Auch im vergangenen Jahr war es innerhalb weniger Monate zu schweren Überschwemmungen mit Todesopfern gekommen. Dies in Italien, Norwegen, Slowenien und an der Mittelmeerküste.

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Der Bericht der Umweltagentur ist eigenen Angaben zufolge die umfangreichste Bewertung des Zustands der europäischen Gewässer. Sie umfasst mehr als 120'000 Oberflächengewässer und 3,8 Millionen Kilometer Grundwasserfläche in der Europäischen Union und Norwegen.

Der Bericht basiert auf Daten, die von 19 EU-Mitgliedstaaten übermittelt wurden. Er repräsentiert 85 Prozent der Oberflächenwasserkörper und 87 Prozent der Grundwasserkörper in der EU.