EU-Ratschef erwartet Debatte über mögliche Israel-Sanktionen

Die EU diskutiert über eine mögliche Einschränkung der Zusammenarbeit mit Israel.

Charles Michel - keystone

Der Präsident des Europäischen Rates erwartet angesichts der Kritik an Israels Art der Kriegsführung im Nahen Osten eine schwierige Debatte über mögliche Einschränkungen der politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Land.

Mehrere Staats- und Regierungschefs hätten beim EU-Gipfel in der vorigen Woche das bestehende Partnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Union und Israel angesprochen, sagte Charles Michel in einem Interview des Nachrichtenagenturnetzwerks European Newsroom (ENR). «Früher oder später werde dies ein ernsteres Thema werden. Schon jetzt gebe es auf Ebene der Aussenminister Gespräche zum sogenannten Assoziierungsabkommen», sagte der frühere belgische Regierungschef.

Ein Aussetzen des Abkommens könnte weitreichende Auswirkungen haben, da es Rechtsgrundlage für die Handelsbeziehungen zwischen der EU und Israel ist. In dem Vertrag geht es unter anderem um die wirtschaftliche Zusammenarbeit in Bereichen wie Industrie, Energie, Verkehr und Tourismus. Zudem sieht er regelmässige politische Konsultationen vor.

Spanien und Irland hatten bereits vor Monaten gefordert, das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Israel auf den Prüfstand zu stellen. Hintergrund ist insbesondere die Vermutung, dass die israelischen Streitkräfte bei ihrem Vorgehen gegen Terroristen der Hamas und der Hisbollah humanitäres Völkerrecht missachten und unangemessen grosses Leid in der Zivilbevölkerung im Gazastreifen und im Libanon verursachen.

EU-Kommission könnte Abkommen aussetzen

Nach Angaben des EU-Aussenbeauftragten Josep Borrell könnte die EU-Kommission ein Aussetzen des Abkommens vorschlagen, wenn Israel sich nicht an Grundprinzipien halten sollte. Zu diesen gehört, dass die Beziehungen zwischen den Vertragsparteien nicht nur auf den Grundsätzen der Demokratie, sondern auch auf der Achtung der Menschenrechte beruhen.

Zu dem Partnerschaftsabkommen äusserte sich der scheidende EU-Ratspräsident Michel in seiner Antwort auf eine Frage nach dem Umgang mit Vorwürfen gegen die Staatengemeinschaft. Der EU wird vorgehalten, sie lasse Israel in Menschen- und Völkerrechtsfragen Regelverstösse durchgehen, die sie bei anderen Ländern nicht dulden würde.

Michel erklärte dazu: «Wenn die EU eine Doppelmoral an den Tag lege, werde sie ihre Autorität und Glaubwürdigkeit verlieren». Dabei räumte er ein, dass es unter den Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat derzeit manchmal schwierige Debatten gebe, weil nicht alle Mitgliedstaaten genau die gleiche Einschätzung darüber hätten, was im Einklang mit dem Völkerrecht steht und was nicht. Man sei aber sehr klar in der Botschaft: «Internationales Recht muss immer und überall respektiert werden», betonte Michel.