EU will sich von russischem Gas entwöhnen

Als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine will die EU-Kommission die Energiewende beschleunigen. Das soll die Abhängigkeit von russischem Gas reduzieren. Es gibt schon konkrete Vorschläge.

Tanks des russischen Unternehmens Transneft im Ölterminal von Ust-Luga. Foto: Igor Russak/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Wegen der schweren Spannungen mit Russland sucht die EU neue Wege, um möglichst schnell unabhängig von fossilen Brennstoffen aus dem Land zu werden.

«Wir müssen uns aus der Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle aus Russland befreien», so EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Dafür legt die Kommission am Dienstag (15.30 Uhr) einen Plan vor, der den Ausbau von erneuerbaren Energien ankurbeln sowie dabei helfen soll, insbesondere von russischem Gas loszukommen.

Italien kündigte bereits am Mittag an, nicht mehr auf russisches Gas setzen zu wollen. «Wir importieren jedes Jahr etwa 29 Milliarden Kubikmeter Gas aus Russland. Das sind etwas mehr als 40 Prozent des importierten Gases. Das wird ersetzt», sagte der italienische Minister für den ökologischen Umbau, Roberto Cingolani, im Fernsehsender Rai3. Bis zur kompletten Unabhängigkeit könnte es 24 bis 30 Monate dauern, schätzte der parteilose Physiker.

Rund 40 Prozent des in die EU importierten Gases kommt über Pipelines aus Russland. Schon vor dem Krieg in der Ukraine waren die Gaspreise in der EU angestiegen, unter anderem wegen einer hohen Nachfrage während der Erholung von der Corona-Pandemie. Es wird nun befürchtet, dass die Preise noch steiler ansteigen - oder, dass Gasimporte aus Russland ganz gestoppt werden könnten. Verschiedene Politiker und Organisationen haben bereits ein Einfuhrverbot für russisches Gas sowie Öl und Kohle gefordert, um Moskau weiter unter Druck zu setzen.

Drohende Probleme im kommenden Winter

Die EU-Kommission hat mehrfach betont, dass die EU für den Rest dieses Winters auch im Fall eines Gas-Lieferstopps aus Russland auf der sicheren Seite stehe. Im kommenden Winter sähe die Situation aber anders aus. Um auch in Zukunft eine Energiekrise zu vermeiden, will die Behörde, dass die EU-Gasspeicher bis Oktober im Schnitt zu mindestens 80 Prozent gefüllt werden. Das geht aus einem Entwurf des Plans hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Demnach könnten die Länder dafür etwa Versorger oder Netzbetreiber in die Pflicht nehmen. Derzeit sind die europäischen Gasspeicher nach Kommissionsangaben zu weniger als 30 Prozent voll. Der vorläufige Entwurf kann sich noch ändern.

Gleichzeitig sucht die Kommission nach neuen Quellen für Gas, insbesondere für Flüssiggas (LNG), das mit Tankern übers Meer geliefert werden kann. Dafür laufen laut dem Entwurf etwa Gespräche mit den grossen LNG-Käufern Japan, Südkorea, China und Indien, um Lieferungen nach Europa umzuleiten. LNG-Importe sind im Januar nach offiziellen Angaben bereits angestiegen auf 10 Milliarden Kubikmeter - ein Rekord, was monatliche Lieferungen für die EU angeht.

Ökostromprojekte beschleunigen

Darüber hinaus plant die EU-Kommission einen «Pakt für erneuerbare Energien», um die Gasnutzung zu reduzieren und den Ausbau von Solarenergie, Wind- und Wasserkraft anzukurbeln. Genehmigungsverfahren für Ökostromprojekte sollen laut dem Entwurf beschleunigt und neue Investoren angelockt werden. Regierungen sollen zudem Gebiete auf Land und See identifizieren, die besonders für den Ausbau erneuerbarer Energien geeignet wären, und Gelder aus dem CO2-Emissionshandel in solche Projekte stecken. Auch Massnahmen zur Energieeffizienz sollen laut dem Entwurf stärker gefördert werden. Bis 2030 sollten zudem jährlich rund 35 Milliarden Kubikmeter Biogas in der EU produziert werden.

Auch wenn russisches Gas weiterhin fliesst, werden die Energiepreise in diesem Jahr voraussichtlich hoch bleiben, schätzt die Kommission. Daher will sie sich laut dem Entwurf das Design des Strommarktes genauer anschauen und mögliches wettbewerbswidriges Verhalten an den Märkten analysieren - etwa von Seiten des russischen Lieferanten Gazprom. Zudem ruft sie die EU-Länder auf, Verbraucher und Unternehmen vor hohen Preisen zu schützen - unter anderem durch eine ausnahmsweise Regulierung der Preise oder gezielte finanzielle Unterstützung.