Ewiges Leben: Kryonik im Zwiespalt der Wissenschaft
Kryonik ist das wissenschaftliche Versprechen für ein Leben nach dem Tod. Historiker wie Yuval Harari kritisieren solche Entwicklungen.
Das Wichtigste in Kürze
- Experten schätzen, dass Menschen bis in einigen hundert Jahren unsterblich werden können.
- Die Methoden: Tiefkühl-Belebung oder Cyborgs.
- Darüber eskaliert unter Wissenschaftlern ein Streit.
Professor Klaus Sames will sich vereisen lassen: «Und zwar solange, bis man mich wiederbelebt», sagt der 79-Jährige Altersforscher zur deutschen Depeschenagentur (dpa). Wann sein zweites Leben sein könnte, wagt der Wissens-Fuchs auch schon zu erraten: «In 100, 200 oder mehr Jahren wird die Wissenschaft soweit sein.»
Die Tiefkühl-Methode, mit der Sames den Sensenmann hintergehen will, heisst Kryonik. 250 Menschen hoffen so schon auf ein nächstes Leben. Das als befremdlich wirkende Bedürfnis Klaus Sames könnte schon bald zum Zielkurs der modernen Wissenschaft avancieren.
Hararis böse Prophezeiung
Grund zu der Annahme liefert der Historiker Yuval Harari. Seine Vorhersage: Weil Hunger und Seuchen im 21. Jahrhundert schon überwunden sind, widmet sich die Menschheit nun dem ewigen Glück, der Unsterblichkeit. Dies sei der logische nächste Schritt «im Streben nach Gesundheit, Glück und Macht», schreibt er in seinem Buch «Homo Deus». Der Schlüssel dazu sei die Wissenschaft.
Kryonik ist nur ein Beispiel dafür. Ein weiteres sind Zellerneuerungen und cyborgtechnische Änderungen am Körper des Menschen. Harari warnt: «In diesem Streben werden die Menschen ganz allmählich zuerst eines ihrer Merkmale, dann noch eines und noch eines verändern, bis sie schliesslich keine Menschen mehr sind.»
Menschen aus Kühlschrank-Embryonen
Menschen, die aus tiefgefrorenen Embryonen entstanden sind, gibt es schon heute. Wann sie aus toten Körpern auferstehen können, ist noch nicht klar. Ob daraus Unheil entsteht, auch nicht. Doch das lässt Sames nicht um seinen Optimismus bringen: «Ich freue mich jetzt schon auf die vielen Bücher, die ich in meinem ersten Leben nicht mehr lesen kann.»