Experte bezweifelt Vorteile des Pestizidverbotes für Bienen

Am EU-Verbot von drei bienenschädlichen Pestiziden scheiden sich die Geister. Ein Agraringenieur fürchtet gar, dass das Verbot den Insekten langfristig schaden könnte.

Das EU-Verbot für bienenschädlichen Pestiziden stösst bei Wissenschaftlern auf Unmut. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Das EU-Verbot für drei bienenschädlichen Pestiziden wird von Wissenschaftlern kritisiert.
  • Laut Agraringenieur und Imker Klaus Wallner wird mit dem Verbot am falschen Hebel angesetzt.
  • Die Ersatz-Wirkstoffe könnten nun auch wichtige Kleinstlebewesen wie Spinnen und Käfer vernichten.

Das am vergangenen Freitag beschlossene EU-Freilandverbot für drei bienenschädliche Pflanzenschutzmittel ist unter Fachleuten umstritten. «Das generelle Verbot sehe ich nicht unkritisch», sagte der Agraringenieur und Imker Klaus Wallner von der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim in Stuttgart.

Er hätte sich eine detaillierte fachliche Diskussion gewünscht. «Der gesamte Naturhaushalt hätte in den Blick genommen werden müssen.» Für das Überleben der Bienen sei es wichtiger, den Rapsbestand als entscheidende Nahrungsquelle zu erhalten als drei Neonicotinoide aus dem Ackerbau zu verbannen. Die EU-Staaten hatten einem Freilandverbot für drei bienenschädliche Insektenmittel am Freitag zugestimmt.

Verbot sei «ein dramatischer Bumerang»

Die sogenannte Beizung, also das direkte Behandeln des Saatgutes mit Pflanzenschutzmitteln, ist mit der Entscheidung nicht mehr möglich. Es sei zu vermuten, dass die Bauern andere Wirkstoffe grossflächig auf die Äcker brächten, die neben Schädlingen nützliche Kleinstlebewesen wie Käfer und Spinnen vernichten, meinte Wallner.

Der für die Landwirte künftig aufwendigere Pflanzenschutz insbesondere beim von Bienen bevorzugten Raps könne sie zu einem Umstieg auf Sojapflanzen bewegen. «Das wäre dann ein dramatischer Bumerang», sagte Wallner. «Den wenigsten Imkern und Politikern ist bewusst, dass diese Entscheidung den Bienen gar nichts bringt und die Ersatzmassnahmen die Lage verschlechtern können.»

Spezialisierte Bienen-Arten könnten aussterben

Das grösste Problem für das Überleben der Bienen ist nach Auskunft Wallners der Verlust von blühenden Pflanzen. «Die Tiere finden weder auf den Wiesen noch in den Hausgärten blühende Pflanzen und Kräuter.» Vor allem die Wildbienen leiden nach seinen Worten unter den «grünen Wüsten».

Unter den 560 Wildbienenarten mit einem Flugradius von gerade mal wenigen hundert Metern seien viele hoch spezialisiert. «Wenn die Glockenblumen-Scherenbiene keine Glockenblumen findet, wird sie untergehen», sagte der Experte.

Die Glockenblumen-Scherenbiene ist hochspezialisiert. Experten fürchten, dass sie wegen Pflanzenschutzgiften aussterben könnte - www.wildbienen.info