Macron verschärft Kampf gegen Corona
Bis zu 27.000 Corona-Neuinfektionen an einem Tag in Frankreich - nun zieht die Regierung die Reissleine. Bürger müssen sich auf neue Beschränkungen einstellen.
Das Wichtigste in Kürze
- Mit nächtlichen Ausgangssperren in Paris und anderen Metropolen verschärft Frankreich den Kampf gegen steigende Corona-Zahlen.
Die neuen Beschränkungen gelten vom Samstag an ab 21 Uhr abends bis 6 Uhr morgens, kündigte Präsident Emmanuel Macron am Mittwochabend in einem TV-Interview an.
«Wir haben die Kontrolle nicht verloren», betonte der Staatschef angesichts der besorgniserregenden Corona-Lage. Um Einschränkungen per Verordnung durchsetzen zu können, verhängte die Regierung zudem erneut den Gesundheitsnotstand.
Von den Ausgangssperren sind nun neben dem Grossraum Paris die Städte Lille, Grenoble, Lyon, Aix-Marseille, Montpellier, Rouen, Toulouse und Saint-Etienne betroffen. Die Massnahmen sollen zunächst für mindestens vier Wochen gelten, dann aber mit Zustimmung des Parlaments bis zum 1. Dezember verlängert werden. Niemand darf nun während der Ausgangssperre ohne triftigen Grund vor die Tür.
Macron kündigte Strafen an, falls die Menschen sich nicht an die Regeln halten. Verstösse würden mit 135 Euro geahndet, für Wiederholungstäter könnten bis zu 1500 Euro fällig werden. Für Menschen, die nachts arbeiten müssten, werde es Ausnahmen geben. «Ich denke, dass wir (...) angemessene Massnahmen treffen», sagte Macron. Die Wirtschaft solle am Leben gehalten werden, betroffene Branchen würden weiter unterstützt.
Die Corona-Lage in Frankreich verschlechtert sich seit Wochen. Frankreich mit seinen rund 67 Millionen Einwohnern hatte am Wochenende annähernd 27.000 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden gemeldet - das war ein Rekord. Am Mittwoch zählte das Land rund 23 000 Neuinfektionen - insgesamt sind seit Beginn der Pandemie mehr als 33 000 Menschen gestorben.
Für Paris und andere Metropolen gilt bereits die höchste Corona-Warnstufe. Bars sind geschlossen, in Restaurants gelten strengere Hygienemassnahmen. Turnhallen und Schwimmbäder sind weitgehend geschlossen. Besonders die Situation in der Hauptstadt bereitet grosse Sorge. Dort steigt die Zahl der Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen immer weiter an. Eine Überlastung der Krankenhäuser soll nun unbedingt verhindert werden.
Die Pandemie sei eine gesundheitliche Katastrophe, die aufgrund ihrer Art und Schwere die Gesundheit der Bevölkerung gefährde, warnte die Mitte-Regierung. Daher soll nun der Ausnahmezustand im Gesundheitsbereich den rechtlichen Rahmen für neue Beschränkungen bilden. Er war Ende März für das ganze Land ausgerufen worden und wurde dann Anfang Mai bis zum 10. Juli verlängert.
«Unser Ziel muss es sein, private Kontakte, die die gefährlichsten Kontakte sind, zu reduzieren», betonte der Präsident. Er empfahl daher, insgesamt mit nicht mehr als sechs Leuten etwa bei Abendessen zusammenzukommen. Man dürfe nun nicht untätig sein, sagte er mit Blick auf die Pandemie. Man dürfe aber auch nicht in Panik verfallen. Das Virus komme zurück - man befinde sich nun mitten in der zweiten Welle. Macron versprach jedoch: «Wir werden es schaffen.»
Im Frühjahr hatte Frankreich bereits im Kampf gegen das Virus sehr strenge Ausgangsbeschränkungen verhängt. Die Menschen durften nur mit einem Formular vor die Tür, die Zeit an der frischen Luft und auch der Bewegungsradius waren begrenzt. In einigen Orten gab es in diesem Zusammenhang nächtliche Ausgangssperren. Auch während der Vorstadtunruhen 2005 wurden mancherorts Ausgangssperren verhängt. Der französische Ausdruck «couvre-feu», also Ausgangssperre, weckt in Paris immer noch Erinnerungen an die deutsche Besatzung von 1940 bis 1944.