Gestürzte Statue von Sklavenhändler in Bristol aus Hafenbecken geborgen
Die von Demonstranten vom Sockel gerissene Statue eines britischen Sklavenhändlers ist am Donnerstag aus dem Hafenbecken von Bristol gefischt worden.
Das Wichtigste in Kürze
- Brexit-Politiker Farage vergleicht Demonstranten mit Taliban.
Die Statue werde «an einen sicheren Ort gebracht» und später «Teil unserer Museumssammlung», erklärte der Stadtrat. Auch in anderen britischen Städten sollen Statuen umstrittener historischer Persönlichkeiten entweder entfernt oder durch erläuternde Hinweise ergänzt werden.
Demonstranten hatten bei Anti-Rassismus-Protesten in Bristol die Statue des Sklavenhändlers Edward Colston am Sonntag gestürzt und unter Beifallsbekundungen in den Fluss Avon geworfen. Die britische Regierung verurteilte die Aktion, wieder aufstellen will das Denkmal aber niemand. Tagelang gab es in Grossbritannien Demonstrationen gegen Rassismus als Reaktion auf den Tod des Schwarzen George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in der US-Stadt Minneapolis.
Die Behörden der südenglischen Hafenstadt Poole nahe Bornemouth wollen vorsichtshalber eine Statue des Pfadfinder-Gründers Robert Baden-Powell (1857 bis 1941) entfernen, um zu verhindern, dass sie ebenfalls im Wasser landet. Baden-Powell ist umstritten: Kritiker werfen ihm Rassismus, Homophobie sowie Verbindungen zu den Nazis vor, während seine Anhänger die Errungenschaften der weltweiten, 54 Millionen Mitglieder zählenden Pfadfinderbewegung hervorheben. In Poole versammelten sich rund 20 Demonstranten, um ihre Unterstützung für Robert Baden-Powell auszudrücken.
Die Universität von Liverpool will ein nach dem ehemaligen Premierminister William Gladstone benanntes Gebäude wegen dessen Verbindungen zum Sklavenhandel umbenennen. Und in der schottischen Stadt Edinburgh soll eine Tafel an einem Denkmal des Politikers Henry Dundas dessen Verbindungen zum Sklavenhandel erläutern.
Der Gründer der Brexit-Partei, Nigel Farage, verglich den Sturz der Colston-Statue in Bristol mit den Taten der radikalislamischen Taliban, die 2001 in Afghanistan alte Buddha-Statuen in die Luft sprengten. «Was wir am Wochenende gesehen haben, war das entsetzlichste Beispiel einer Herrschaft des Mobs», sagte er dem Sender ITV.
Der Radiosender LBC beendete wegen dieser Äusserungen am Donnerstag seine Zusammenarbeit mit Farage, wie der Sender im Onlinedienst Twitter mitteilte.
Auch in anderen Ländern ist die Diskussion um umstrittene Statuen und Strassennamen in vollem Gange. In der südfranzösischen Stadt Bordeaux sollen alle Strassen, die nach Sklavenhändlern benannt sind, nun mit zusätzlichen Informationsschildern versehen werden. Bordeaux war Frankreichs zweitgrösster Sklavenhafen. Zwischen 1672 und 1837 wurden von dort aus 150.000 afrikanische Sklaven auf den amerikanischen Kontinent gebracht.
In Kanada unterschrieben tausende Menschen Petitionen, in denen der Abbau der Statue des ersten Premierministers John A. Macdonald in Montréal und die Umbenennung der Dundas Street in Toronto gefordert wurde. Macdonalds Regierung wird die gewaltsame Assimilierung der indigenen Bevölkerung Kanadas vorgeworfen, Dundas hatte das Ende der Sklaverei abgelehnt und deren Abschaffung im britischen Empire hinausgezögert.