Jogging-App Strava enthüllt Bewegungen von Präsidenten
Journalisten konnten mithilfe einer Jogging-App die Bewegungen der Leibwächter von Präsidenten wie Macron und Biden nachverfolgen – und damit auch deren Chefs.
Das Wichtigste in Kürze
- Reporter nutzten Strava, um die Standorte von wichtigen Leibwächtern zu verfolgen
- So konnten detaillierte Informationen zu Bewegungen von Staatschefs herausgefunden werden.
- Trotz bekannter Sicherheitsrisiken haben viele Leibwächter ihre Profile nicht geändert.
Leibwächter von Emmanuel Macron, Joe Biden und Wladimir Putin verwendeten die Jogging-App Strava, ohne zu wissen, dass sie dadurch geortet werden konnten. Dies ermöglichte Einblicke in die Bewegungen der Staatschefs, wie eine Recherche der französischen Zeitung «Le Monde» ergab.
Sébastien Bourdon, einer der Autoren, erklärte gegenüber dem Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS), dass ihre Recherche auf früheren Erkenntnissen anderer Medien basiere. Bereits 2018 hatte eine Reportage der «New York Times» aufgezeigt, dass die Strava-App eine Sicherheitslücke darstellen könnte, die das US-Militär betraf.
Umfrage
Benutzt du Strava?
«Wir haben diese Arbeit fortgesetzt, indem wir noch weiter gegangen sind und Profile gefunden haben, die noch heikler sind als die Profile des Militärs», so Bourdon.
Der Journalist erklärte, es sei «leider sehr einfach», die Bewegungen eines Staatschefs mithilfe der App zu verfolgen. Er und sein Kollege Antoine Girard hätten dies mit nur wenigen Klicks erreicht, indem sie sich auf Orte fokussierten, zu denen nur die Leibwächter Zugang hatten, und so deren öffentliche Profile ausfindig machten.
Putins Leibwächter halten sich bei Palast im russischen Süden auf
Die Journalisten richteten ihr Augenmerk etwa auf den Pavillon La Lanterne, den Zweitwohnsitz von Präsident Macron, der «offensichtlich ein gesicherter Ort» sei. «Die Personen, die dort herumlaufen, sind also wahrscheinlich mit Präsident Macron verbunden», so Bourdon.
Und weiter: «Einige davon sind seine Leibwächter. Sobald wir diese Profile an diesen Standorten identifiziert hatten, hatten wir Zugang zu ihrem Verlauf und konnten diese Daten mit den Bewegungen von Emmanuel Macron abgleichen.»
Auch im Fall des russischen Präsidenten Wladimir Putin konnten mit dieser Methode sechs seiner Leibwächter identifiziert werden. «Es fiel auf, dass sich mehrere von ihnen viermal in der unmittelbaren Umgebung eines Palastes aufhielten, der am Schwarzen Meer im Süden Russlands liegt», so Bourdon.
Laut der Opposition gehört dieser Palast Putin oder wird zumindest von ihm genutzt. Der Kreml hat jedoch stets bestritten, dass Putin das Anwesen verwendet.
«Wissen seit über sechs Jahren von den Sicherheitslücken»
Wie lässt sich erklären, dass das Umfeld der Staatschefs keine strengeren Vorsichtsmassnahmen trifft oder den Leibwächtern die Nutzung solcher Apps nicht untersagt? Bourdon sagt gegenüber «RTS», dass dies die grosse Frage ihrer Recherche sei und er sich als einzige Erklärung dafür «Dilettantismus» erklären könne.
«Wir wissen seit über sechs Jahren, dass bei dieser App Sicherheitslücken bestehen können. Es ist unglaublich, dass Personen, deren Kerngeschäft die Sicherheit des Staatschefs ist, nicht auf die Idee kommen, als Vorsichtsmassnahme ihr Profil privat zu stellen.»
Zumindest scheinen einige Bodyguards nach der «Le Monde»-Recherche reagiert zu haben. Laut Autor Bourdon hätten fast die Hälfte der Profile der Leibwächter von Macron und Biden ihre Einstellungen auf privat geändert oder wurden gelöscht. «Aber es gibt noch etwa die Hälfte der Profile, die noch öffentlich und aktiv sind oder es bis vor kurzem waren.»
Auf der russischen Seite seien ausserdem nach wie vor alle sechs Profile, die die Journalisten identifiziert hätten, online.