Lebensmittelhändler wollen Lieferketten transparent machen

Vor allem Discounter geraten immer wieder in die Kritik für niedrige Lebensmittelpreise. Anlässlich der Grünen Woche will nun eine Gruppe aus grossen Handelsketten eine Erklärung gegen Armut von Bauern unterzeichnen.

Immer mehr Verbraucher wollten wissen, wie ihre Lebensmittel produziert werden. Foto: picture alliance / dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Anlässlich der Grünen Woche in Berlin will sich eine Arbeitsgruppe mehrerer deutscher Lebensmittelhändlern dafür einsetzen, dass Bauern in weltweiten Lieferketten existenzsichernde Löhne erhalten.

Vertreter von Aldi, Lidl, Kaufland, Rewe, DM und Tegut wollen dazu heute gemeinsam mit Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) eine freiwillige Erklärung unterzeichnen. Die Unternehmen wollen laut dem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorab vorlag, dazu beitragen, «Bauern- und Arbeiterfamilien in globalen Lieferketten einen menschenwürdigen Lebensstandard zu ermöglichen». Zunächst wollen sich die Unternehmen dabei auf die Produktion ihrer Eigenmarken beschränken. Deren Lieferketten sollen transparenter werden.

Eine Rückverfolgung solle von der Plantage bis zum Lieferanten möglich werden. Auch wollen die Unternehmen in den Blick nehmen, ob die Menschenrechte bei der Herstellung ihrer Produkte eingehalten werden. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) soll die Koordination der Arbeitsgruppe übernehmen. Supermarktketten stehen immer wieder in der Kritik für niedrige Lebensmittelpreise.

Nach den Worten von Minister Müller bekennen sich nun sieben grosse deutsche Supermarktketten zu existenzsichernden Einkommen in ihren Lieferketten: «Es ist gut, dass im Lebensmittelhandel Bewegung ist.» Das zeige auch, dass der Druck der Konsumenten wirke. Immer mehr Verbraucher wollten wissen, wie ihre Lebensmittel produziert werden. «Die sieben Vorreiter-Unternehmen erkennen erstmals an, dass niedrige Einkommen eine grosse Herausforderung und existenzsichernde Löhne dringlich denn je sind», betonte Müller.

Bei Landwirten in Entwicklungsländern müsse deutlich mehr von der Wertschöpfung ankommen, sagte der CSU-Politiker weiter. Existenzsichernde Einkommen müssten zum Standard werden: «Das Ziel ist klar: 100 Prozent fairer Supermarkt.» Der Handel müsse jetzt über diese Selbstverpflichtung hinausgehen und weitere Schritte hin zu fairen Lieferketten umsetzen.

Rund um die Agrarmesse Grüne Woche fordern auch deutsche Landwirte bessere Arbeitsbedingungen und faire Preise für ihre Produkte. Für Freitag hat das Bündnis «Land schafft Verbindung» Demonstrationen mit Traktoren in Berlin und weiteren deutschen Städten wie Stuttgart, Nürnberg und Hannover angekündigt. Dabei wird mit Verkehrsbehinderungen gerechnet.

Grünen-Chef Robert Habeck äusserte gegenüber dem «Redaktionsnetzwerk Deutschland» Verständnis für den Unmut der Landwirte. Sie litten unter dem Agrarsystem. «Die Förderpolitik der EU und die Exportorientierung der Wirtschaft setzen darauf, dass sie immer mehr zu immer kleineren Preisen produzieren», sagte Habeck. Jede Verordnung schmälere die Einnahmen der Bauern. «Die Landwirte werden zerrieben. Aber die Antwort, weniger Klima- oder Tierschutz, wäre falsch.» Habeck mahnte einen sachlichen Ton an: «Mit moralischer Überheblichkeit gegenüber den Bauern kommt man allerdings nicht weiter.»